Im Zweifel für den Angeklagten

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Kurze Inhaltszusammenfassung:
Ruth Holländer feiert gerade ihren 50. Geburtstag, ist geschieden und hat zwei Kinder im Teenageralter. Sie hat sich vor kurzem ihren Lebenstraum – ein eigenes französisches Bistro – erfüllt und arbeitet dort bis zur Erschöpfung. Zudem wird sie auch noch vom Gericht als Schöffin einberufen und soll in einem Mordfall mitentscheiden, bei dem ein türkischer Junge beschuldigt wird, seine Schwester im Zuge eines „Ehrenmordes“ getötet zu haben. Ruth geht der Prozess sehr nahe, da sie auch Kinder im gleichen Alter hat und recherchiert zwischen den Verhandlungstagen auf eigener Faust weiter um ein gerechteres Urteil treffen zu können.

Meine Meinung zum Buch:
Judith Arendt hat den 1. Fall, in dem Ruth Holländer als Schöffin fungiert, sehr spannend aufgebaut. Einerseits wird die Hauptakteurin Ruth sehr authentisch beschrieben: Ruth ist eine Frau im mittleren Alter, einerseits sehr eingespannt in ihrem Beruf, auf der anderen Seite aber durch ihre Scheidung und die fast erwachsenen Kinder auch manchmal einsam. Zu ihren Eltern hat sie eine ambivalente Beziehung, da sie ihre Eltern einerseits finanziell sehr unterstützt haben, aber andererseits auch kaum Kontakt haben, da sie sich gegenseitig nerven, aber dann bemerkt sie auch, dass ihre Eltern älter werden und sich ihr Leben verändert hat. Ruths Kinder sind zwar schon im Teenageralter, aber manchmal gibt es doch Situationen, in denen sie ihre Mutter oder ihre finanzielle Unterstützung noch sehr benötigen. Die Arbeit im Bistro füllt ihr Leben und ihre Freizeit nahezu komplett aus, dennoch ist sie glücklich, dass sie sich ihren Lebenstraum erfüllen konnte. Als Ruth als Schöffin einberufen wird, nimmt die ansonsten teilweise recht chaotische Ruth, ihren Auftrag äußerst ernst und möchte erst entscheiden, nachdem sie alle Fakten auf dem Tisch hat. Für Ruth ist es emotional sehr belastend, da sie selbst etwa gleichaltrige Kinder hat und das Opfer auch auf der Schule ihrer Tochter war, sodass sich diese beiden Welten für Ruth auch ein wenig vermischten.
Außerdem ist auch der zweite Handlungsstrang, das Leben des türkischen Mädchens Derya sehr gut beschrieben. Derya lebt schon immer in Deutschland und ist mit der deutschen Kultur aufgewachsen, außerdem hat sie einen deutschen Freund. Ihre Eltern sind eigentlich sehr aufgeschlossen und lassen ihren Kindern viele Freiheiten, doch in den Sommerferien mussten die beiden Jugendlichen ihre Eltern das erste Mal in ihre ursprüngliche Heimat begleiten um ihrer Familie zu helfen. Dort wurde geplant, Derya mit einem Mann zu verheiraten, den sie weder kannte noch mochte und von dort an nahm das Unglück seinen Lauf.
Spannend fand ich auch, dass sich die Handlungsstränge abwechselten und teilweise in Deutschland und teilweise in Südostanatolien stattfanden. Dies machte das Lesen sehr kurzweilig und gab einen zusätzlichen kurzen Einblick in einen anderen Kulturkreis.

Titel und Cover:
Das Cover ist farblich sehr ansprechend gestaltet und die Gewitterwolken lassen schon die unheilvolle Stimmung erahnen. Den Titel „Unschuldslamm“ finde ich persönlich nicht ganz so ansprechend, aber okay. Als Titel hätte auch „Ehrenmord“ usw. gepasst.

Mein Fazit:
Ich finde, dass der Autorin ihr erster Krimi und die Akteure gut gelungen sind und würde mich freuen, wenn ich bald eine Fortsetzung von Ruth Holländer als Schöffin lesen könnte.