Zwei Kulturen prallen aufeinander

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teddyfan007 Avatar

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Ruth Holländer, alleinerziehende Mutter von zwei Kindern hat sich nach ihrer Scheidung von Johannes ein neues Leben aufgebaut. Sie wird in Kürze 50 Jahre alt, der Sohn ist bereits ausgezogen, die Tochter noch in der Schule. Ruth betreibt ein kleines französisches Bistro und hat alle Hände voll zu tun. Als Ruth dann zur Schöffin berufen wird, passt ihr das erst gar nicht in den Kram. Aber sie stellt sich der Aufgabe.
Der Schock am ersten Verhandlungstag ist groß. Es geht um eine Mordfall. Die junge Kurdin Derya wurde ermordet. Als Täter steht ihr eigener Bruder Aras vor Gericht. Ruth ist sehr betroffen. Zum einen hat sie selber Kinder, die jetzt in dem Alter von Opfer und mutmaßlichem Täter sind, zum anderen kennt Ruth die Familie des Opfers. Derya war in der selben Schule wie ihre Tochter, nur eine Klasse über ihr.
Die Verhandlung beginnt und Ruth kommen immer mehr Zweifel, ob Aras wirklich der Täter sein kann, aber Aras selbst schweigt. Er will nicht aussagen.
In mehreren Rückblicken wird die Vorgeschichte erzählt: Derya kommt aus einer kurdischen Familie. Zusammen mit ihrem Bruder Aras, den sie immer als ihren Beschützer ansieht und zu dem sie eine sehr innige Beziehung hat und ihren Eltern lebt sie mitten in Berlin. Sie haben sich sehr gut integriert in die westlichen Gewohnheiten und gelten als nicht besonders religiös. Derya lebt ihr Leben wie jedes deutsche Mädchen in ihrem Alter. Sie trägt kein Kopftuch, geht auf Partys und hat sogar einen deutschen Freund.
In den Sommerferien reist die Familie dann nach Südostanatolien zu den Verwandten. Derya kann mit den vielen Leuten, die sich plötzlich als Onkel, Tanten, Vettern u.s.w. nichts anfangen. Die ganze Kultur ist ihr fremd. Noch ahnt sie den waren Grund ihrer Reise nicht. Derya soll den Sohn eines ortsansässigen Bauunternehmers heiraten, um damit Arbeitsplätze für die kurdischen Verwandten bei einem Staudammprojekt zu erkaufen. Derya ist entsetzt und kann es nicht fassen, dass ihre Eltern sich auf eine arangierte Heirat einlassen und auch Aras unternimmt nichts, um seiner Schwester zu helfen.
Wieder zurück in Berlin normalisiert sich Deryas Leben wieder etwas. Nach einem Rendezvous mit ihrem Freund Valentin macht sie sich mitten in der Nacht alleine auf den Heimweg. Dort kommt sie aber nicht mehr an. Sie wird auf grausame Weise ermordet. Verdächtigt wird ihr Bruder und es ist von einem Ehrenmord die Rede.

Judith Arendt ist es gelungen, ein spannendes Buch zu schreiben. Geschickt wird immer wieder zwischen der Verhandlung in der Gegenwart und der Geschichte um Derya einige Monate vorher gewechselt. Auch Ruths eigene Lebensgeschichte kommt nicht zu kurz und so ist ein unterhaltsames Buch entstanden, welches ich nur empfehlen kann.