Wie viel nimmt man in Kauf?

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alena3001 Avatar

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„Jede Kunst, die sich safe anfühlt, ist es nicht wert, erschaffen zu werden.“ S. 323

Anna ist jung, mittellos und möchte Karriere als Opernsängerin machen. Max ist Banker, Ende dreißig und vermögend. Als sie eines Abends in einem Pub aufeinandertreffen, beginnt ihre berauschende Liebschaft.
Außer meiner Sicht ist diese Liebschaft absolut toxisch. Anna studiert Musik, möchte Sängerin werden. Dass es ihr großer Traum ist, ist nicht unbedingt zu spüren. Es wird zwar erwähnt, dass sie sich nach einem Auftritt berauscht fühlt, allerdings kann ich nicht so richtig nachspüren, warum. In der Hinsicht hätte ich mir mehr Einblicke und Gefühle gewünscht.

Zum Schmunzeln brachte mich zu Beginn die Wohnsituation bei den Bs und Freundin Laurie. Jedoch finde ich deren Verhalten im weiteren Verlauf des Buches oft unangebracht, beinahe toxisch.

Es kam mir an vielen Stellen so vor, als lasse sich Anna als Spielball benutzen. Von Laurie und von Max. Immer wieder wird erzählt, wie sich Max gegenüber Anna verhält, was er fordert, verlangt oder einfach tut. Und an manchen Stellen hat es mich sehr erschreckt und ich dachte einfach nur: Warum? Warum lässt sie sich das gefallen? Warum tut sie sich all das an? Kein Geld zu haben, in absolut schäbigen Wohnungen mit abstoßenden Menschen zu leben, sich nicht wirklich eine eigene Meinung zu bilden und sich von allen manipulieren und herumschubsen zu lassen. Dazu kommen die schmerzhaften Erfahrungen bei den Vorsingen, Demütigung an Demütigung… Zwar mag Singen ihre Leidenschaft sein, doch schafft sie es nicht, ihre Stimme zu erheben. Ihre Meinung zu sagen. Sich durchzusetzen und zu zeigen, dass sie jemand ist. Endlich aufzuhören, sich für alle in ihrem Umfeld zu verbiegen, eingeschlossen ihrer von Zwängen gestörten Mutter.
Vermutlich fehlt mir in diesem Buch das Mitfiebern und Nachvollziehen, warum der Traum als Sängerin nun so einzigartig und erstrebenswert ist, um zu verstehen, warum Anna all das andere in ihrem Leben anstandslos in Kauf nimmt. Oft hatte ich jedoch das Gefühl, dass sie das selbst nicht weiß. Oder es selbst nicht bemerkt.

Eigentlich war das Buch sprachlich flüssig zu lesen. Eigentlich. Denn es gibt keine Anführungszeichen bei der wörtlichen Rede und das hat mich besonders zu Beginn extrem gestört und den Lesefluss für mich unterbrochen. An manchen Stellen war ich mir gar nicht sicher, ob diese nun gesagt wurden oder gedacht.

Mein Fazit: Das Buch ist angenehm zu lesen, mit einigen Phrasen, die mich schmunzeln ließen. Dennoch bin ich mit Beendigung der Lektüre froh, kein so ernüchterndes Dasein wie Anna führen zu müssen.