Zweisam allein!?

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justm. Avatar

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Anna ist Studentin und arbeitet nebenbei in einer Bar, wo sie als Sängerin auftritt. So lernt sie auch Banker Max kennen.
Die Beiden beginnen, trotz unterschiedlicher Lebensweisen und Lebensabschnitte, eine Beziehung. Wenn man es denn so bezeichnen will. Denn genau das wird irgendwann zum Problem: Was sind die Beiden eigentlich, wenn sie zusammen sind und was macht es mit ihnen, wenn sie es nicht sind?

Wenn man das liest, meint man einfach den nächstbesten (oder schlechtesten) Liebes-Roman zu bekommen, doch "Unser wirkliches Leben" ist mehr als das.
Nicht nur, daß man durch Protagonistin Anna, durch die die Geschichte erzählt wird und in deren Kopf man sich im Grunde die ganze Zeit befindet, in die Welt der Oper entführt wird, nein, diese Geschichte ist - beinahe schon im Gegensatz zum Opernthema - modern (geschrieben und erzählt) und hat einen psychologischen Tiefgang, der nachhallt und den ich - so bewußt - noch nie in einem Roman über die Liebe wahrgenommen habe.

Vermutlich, weil es um mehr als die Liebe geht.
Es geht auch darum, was Beziehungen zu anderen Menschen mit einem selbst machen.
Immer wieder hat es den Anschein, als wäre die Beziehung zwischen Anna und Max "toxisch", nur um einige Seiten später das Gefühl zu vermitteln, als wäre Anna, als Hauptfigur und Erzählerin, in allem eher unzuverlässig. Also warum sollte man ihren Ansichten zur Beziehung glauben?
An keiner Stelle bekommt man sie richtig zu fassen. Wohl auch, weil sie selbst nicht weiß, wer sie ist und sich meint über Max definieren zu müssen. Und so ist es wohl auch eine Geschichte über Selbstfindung und das Erwachsenwerden.

Vermutlich kommt es aber darauf an, wie jede*r Leser*in die Geschichte für sich selbst interpretiert und tatsächlich auf sich wirken läßt.
Ich für meinen Teil, fand gleich mehrere Stellen in diesem Buch, die mich zum Nachdenken gebracht haben und die wohl noch eine Weile nachwirken werden.

Dieses Aufwerfen eigener Interpretationen und Gedanken allein, macht das Buch gleichzeitig nicht ganz einfach. Dazu kommt, daß es keinerlei wörtliche Rede gibt und zumindest ich mußte mehrfach schauen, wer denn nun was gesagt hat. Das macht den Einstieg ins Buch zunächst ein wenig schwierig, wenn der aber gelungen ist, tut es dem Lesefluß aber glücklicherweise kaum Abbruch und ist letztlich reine Gewöhnungssache.

Fazit:
Imogen Crimp ist ein beeindruckender Debut-Roman gelungen, der mir sicher im Gedächtnis bleibt und dem ich zweifelsohne jedem empfehlen möchte.