Fliegen muss man, leben nicht.

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Der Schicksalsroman "Unsere Hälfte des Himmels" wurde von der Autorin "Clarissa Linden" verfasst und ist im "Knaur Verlag" erschienen. Hierbei handelt es sich um eine Geschichte zweier Frauen in den 30er Jahren.

Das Buch spielt abwechselnd in den 30er Jahren mit Amelie und Johanna und in den 70er Jahren mit Lieselotte.

In den 30er Jahren: Amelie und Johanna können sich ein Leben ohne einander nicht mehr vorstellen. Ihre gemeinsame Leidenschaft ist das Fliegen und ihr Traum ist es eine der ersten Pilotinnen zu werden. In Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus scheint dieser Traum unerfüllbar zu sein. Doch Johanna und Amelie möchten die Hoffnung nicht aufgeben. Als Amelie sich in Johannas Fluglehrer verliebt, kommt es zu einem Verrat, der schlimme Folgen mit sich trägt.

40 Jahre später in den 70er Jahren: Lieselotte ist die Tochter von Amelie, jedoch leben sie getrennt voneinander. Ihre Beziehung ist oberflächlich und sie scheinen sich kaum zu kennen. Eine Begegnung im Krankenbett hätte dabei Lieselotte nie erwartet. Ihre Mutter liegt im Koma und plötzlich wird auch sie mit ihrer Vergangenheit konfrontiert. Ihr Vater ist ihr bis zu diesem Tag unbekannt, worauf sich Lieselotte auf die Spur nach ihrem Vater und das Leben ihrer Mutter Amelie macht.

Das Buch hat mich in seinen Bann gezogen und ich konnte es kaum aus der Hand legen. Nicht nur, dass die Erzählung interessant und mitreißend ist, sondern auch die historischen Informationen haben mich begeistert und neugierig gemacht.

Die Zeit des Nationalsozialismus hat die Autorin Clarissa Linden ausführlich und detailreich beschrieben. Zwar war der Inhalt nicht Realität, aber man konnte sich in die Geschichte einfühlen und konnte sich die grauenvolle Politik und Taten gut vorstellen. Besonders die Frauenrolle wird sowohl in den 30er Jahren, als auch in den 70er Jahren authentisch geschildert. Die Emanzipation war zu diesem Zeitpunkt erst bei ihren Anfängen und hat in der Gesellschaft kaum Anerkennung gefunden. Der Traum von Amelie und Johanna war somit schwer in die Tat umzusetzen. Die Beschreibung, wie sie teilweise behandelt und ausgestoßen wurden, nur weil sie Frauen sind, war erschreckend.

Ihren Traum wollten die beiden Frauen jedoch nie ablegen. Als Erinnerung wird jedes Kapitel mit tollen Zitaten von bekannten Fliegerinnen eingeleitet und versetzt einen in die 30er Jahre. Die Stimmung ist angespannt. Themen, wie gegen die Regierung auflehnen und Flugblätter verteilen, werden immer wieder aufgegriffen.

"Wenn ich es schaffe, auch nur das Minimum meiner Wünsche in die Tat umzusetzen, dann bereue ich nichts." - Bessie Coleman (Zitat S. 182)

Auch die 70er Jahre sind historisch fundiert, bleiben für mich aber eher im Hintergrund. Lieselotte befindet sich in einer unglücklichen Ehe. Der Schritt der Emanzipation fällt ihr jedoch schwer, als sie dann nach Frankfurt zu ihrer Mutter muss, gelingt es ihr aus seinen Regeln auszubrechen und ihr Leben neu zu beginnen. Umso mehr Lieselotte aus der Vergangenheit ihrer Mutter erfährt, desto aufgeschlossen ist sie ihr gegenüber. Ihr Leben verändert sich.

Als Leser fiebert man in beiden Zeiten mit. Die Frauenfreundschaft wird schön beschrieben. Beide Frauen gehen durch dick und dünn um ihren Traum zu erfüllen. Auch die Liebe zu Felix, dem Fluglehrer, wird toll beschrieben. Bei Lieselotte in den 70er Jahren bleibt die Spannung bis zum Schluss. Die Frage nach ihrer Vergangenheit bleibt immer im Kopf. Wer ist Lieselottes Vater? Warum hat Amelie keinen Kontakt mehr zu Johanna? Mit einer Leichtigkeit habe ich das Buch mit Freude und Neugierde gelesen. Auch mich haben die Fragen gefesselt, sodass ich das Ende kaum abwarten konnte.

Ein Roman voller Facetten und interessanten Themen. Eine Frauenfreundschaft, das Fliegen im Himmel und historisch fundierte Ereignisse! Einer der besten Romane seit Langem, nur empfehlenswert!