großes (Kopf)kino!

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apomaus Avatar

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Clarissa Linden ist mit "Unsere Hälfte des Himmels" ein sehr spannendes Frauenbuch gelungen. Damit meine ich kein Buch für, sondern eines über Frauen. Amélie, die in den dreißiger Jahren lebt und vom Fliegen träumt, dann aber ungeplant schwanger wird und damit plötzlich in der Realität ankommt. Einerseits muss sie sich mit dem Gedanken anfreunden, statt Fliegerin zu werden und mit ihrer Freundin Hanni zusammenzubleiben, ein Familienleben vor sich zu haben. Das gelingt ihr zunächst gut; allerdings trifft sie beim Vater des Kindes auf die Politik, die ihr bisher ziemlich egal war. Felix ist im Widerstand (wobei unklar bleibt, was er da eigentlich tut) und muss sich nun entscheiden zwischen seiner politischen Rolle und der Verantwortung als werdender Vater. Auch jetzt noch bleibt Amélie unpolitisch, sie empfindet die Beschäftigung damit als lästig und unnötig, obwohl daran ihr Lebensglück zerbricht.
Diese unpolitische Einstellung findet sich bei ihrer Tochter wieder, auch sie leidet unter der Macht, die ihr Ehemann in den frühen siebziger Jahren über sie ausübt, doch kann sie sich nicht damit anfreunden, der Frauenbewegung etwas Positives abzugewinnen.
Obwohl ich herzlich wenig Interesse an der Geschichte der Fliegerinnen hatte (und habe), hat mich das Buch fasziniert. Es hat viele Ebenen, ist manchmal einfach ein (auch leicht ins Kitschige driftende) Familienroman, beleuchtet eine schwierige Mutter-Tochter-Beziehung und natürlich die Rolle der Frauen in den dreißiger und den siebziger Jahren. Dieser Aspekt war für mich der fesselnde, die Generation meiner Eltern und Großeltern wurde dadurch plastischer und lebendiger.
Insgesamt eine lohnende Lektüre, der Sprachstil ist manchmal etwas zu ausufernd für mich, wenn Lieselottes Gefühle ausgebreitet werden, dachte ich manchmal, weniger wäre mehr; daher nur vier statt fünf Sternen.