Eine hochaktuelle Dystopie

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lilie125 Avatar

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Inhalt:
Nach der einer großen Krise wird in Amerika „PACT“ eingeführt, ein Gesetz, das für Stabilität sorgen soll. Dies führt dazu, dass vor allem asiatisch-stämmige Menschen diskriminiert werden und dass Kinder ihren Eltern weggenommen werden, wenn diese „unpatriotisch“ sind.
Der zwölfjährige Bird lebt bei seinem Vater und hat seine Mutter seit drei Jahren nicht mehr gesehen. Als er einen Brief von ihr erhält, macht er sich auf die Suche nach ihr.

Meine Meinung:
Der Roman ist eine Dystopie, die hochaktuell ist und gar nicht so weit entfernt wirkt. Gekonnt zeigt Celeste Ng auf, wie sich aus der Krise langsam ein System der Tyrannei entwickelt – getragen von der Mehrheit der Bevölkerung – und wie es funktioniert und von der Angst der Menschen lebt. Wie eine Gruppe von Menschen den Sündenbock spielen muss. All das erscheint unglaublich realistisch und nahe, auch weil (wie in der Anmerkung der Autorin benannt) die Dystopie zahlreiche Bezüge zur „realen“ Welt hat.
In diesem Roman glänzt Celeste Ng erneut mit ihrer unglaublichen Sprachgewalt. Teils fast schon lyrisch, fängt sie die bedrückende Stimmung dieser Dystopie und die Verzweiflung der Menschen ein. Mit ihren Worten hat sie mich von der ersten Seite an in ihren Bann genommen.
Wie von der Autorin gewohnt, handelt es sich auch diesmal um ein Familiendrama, das insbesondere von der Beziehung zwischen Mutter und Sohn handelt, die sich so lange nicht gesehen haben. Gleichzeitig geht es in dem Buch aber auch um viel größere Themen wie Rassismus, Meinungsfreiheit, Zensur und Tyrannei. Dabei bleibt aber immer ein gewisser hoffnungsvoller Ton erhalten, der Glaube an das Gute im Menschen.
Die Charaktere fühlen sich real und „menschlich“ an. Bird, der langsam begreift, dass allein sein Aussehen ihn zum Feind vieler Amerikaner macht, wirkt sehr authentisch. Aber auch die Sorgen, Ängste und Zweifel seiner Mutter waren sehr gut nachvollziehbar. Ich konnte mich in beide hineinversetzen und mit ihnen mitfühlen.
Diese unglaublich ernste und wichtige Geschichte ist mit unter die Haut gegangen und wird mich noch eine ganze Weile begleiten. Für mich war „Unsre verschwundenen Herzen“ ein Jahreshighlight. Deshalb gibt es von mir auch eine ganz klare Leseempfehlung!