Unsre verschwundenen Herzen

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Der zwölfjährige Bird lebt mit seinem Vater in einer kleinen Campuswohnung in Cambridge, Massachusetts. Seit einem Jahrzehnt wird das Leben der kleinen Familie von rassistischen Gesetzen - genannt PACT (Preserving American Culture und Tradition) - bestimmt, die nach schweren Unruhen im Land zur Befriedung der Gesellschaft eingeführt wurden. Vor allem Menschen wie Bird und seine Mutter, die asiatisch gelesen werden, haben mit Rassismus in allen Bereichen ihres Alltags zu kämpfen, da China als größter Feind der USA und verantwortlich für die Jahre der wirtschaftlichen Instabilität erklärt wurde.
Vor drei Jahren verschwand Birds Mutter spurlos - doch dann erreicht Bird eines Tages ein Brief von ihr und er begibt sich auf die Suche nach Antworten...

"Unsre verschwundenen Herzen" von Celeste Ng, übersetzt von Brigitte Jakobeit, ist ein düsterer dystopischer Roman über anti-asiatischen Rassismus und die Macht der Literatur. Birds Vater ist Linguist und arbeitet in einer großen Bibliothek, Birds Mutter ist Autorin und schreibt Gedichte, die Held*innen dieses Buchs sind Bibliothekar*innen und Poesie hat die Stärke, Menschen für einen Widerstand zu mobilisieren - Worte und Bücher spielen in der von der Bestsellerautorin erschaffenen Zukunftsversion eine enorm große Rolle. Allein schon aus diesem Grund hatte "Unsre verschwundenen Herzen" für mich sehr großes Potential für eine tolle Lektüre. Auch die hochaktuelle Thematik, die hinter der literarischen Fiktion steckt, hat mich gereizt und mich von der Relevanz des Romans überzeugt. Ein Blick auf die durch die Corona-Pandemie ausgelöste Rassismus-Welle gegen asiatisch gelesene Personen genügt, um zu erkennen, dass Celeste Ngs Idee von PACT nicht weit hergeholt ist. Leider muss ich aber sagen, dass mich der Roman nicht überzeugt hat. Auch wenn die Dystopie viele gute Momente hatte, zog sich die Lektüre für mich sehr und ich habe mich über viele Seiten schrecklich gelangweilt. Die Spannungskurve hatte für meinen Geschmack viel zu viele Ausreißer nach unten, zudem wurde ich weder mit Bird, noch mit seiner Mutter wirklich warm. Die Intention, Literatur einen großen Einfluss auf das Weltgeschehen einzuräumen, finde ich eigentlich sehr schön - jedoch war die Ausgestaltung der Proteste, wie sie Celeste Ng in ihrem Roman vornimmt, in meinen Augen eher unglaubwürdig.

"Unsre verschwundenen Herzen" ist für mich aufgrund seiner drängenden Thematik ein lesenswerter Roman, der aber bedauerlicherweise mit zu vielen Längen daher kommt und deshalb Einiges von seinem Potential einbüßt. Ich denke, "gut gemeint" trifft meine Gedanken zum Buch daher am besten - was ich sehr schade finde! Ich hoffe, Celeste Ng kehrt mit ihrem nächsten Roman wieder mehr zu ihrer erzählerischen Stärke zurück.