Verkatert moralisches Korsett

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constanze_pachner Avatar

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"Der zwölfjährige Bird lebt mit seinem Vater in Harvard. Seit einem Jahrzent wird ihr Leben von Gesetzen bestimmt, die nach Jahren der wirtschaftlichen Instabilität und Gewalt die 'amerikanische Kultur' bewahren sollen. Vor allem asiatisch aussehende Menschen werden diskriminiert, ihre Kinder zur Adoption freigegeben. Als Bird einen Brief von seiner Mutter erhält, macht er sich auf die Suche. Er muss verstehen, warum sie ihn verlassen hat." (Klappentext)

Der neue Roman 'Unsre verschwundenen Herzen' von Celeste Ng - übersetzt von #brigittejakobeit - ist eine bodenständige Dystopie, die ein aufwühlendes, düster verzerrtes Bild der USA in nicht weiter Zukunft zeichnet. In dieser düsteren Welt steht ein Rassengesetzsystem im Vordergrund, welches sich auf die Optik asiatischer Menschen eingeschossen hat.
In einem gemächlichen Sound präsentiert die Autorin kraftvoll pointiert diese düstere Welt - allein ihre Detailverliebtheit verhindert ein tiefes Abtauchen. Diesem düsteren Szenario stehen Helden des Wortes - in jeglicher Ausdrucksform - gegenüber. Wörter und Geschichten in der Luft, auf dem Papier, in Bibliotheken, Büchereien oder einfach von einer Mutter ausgepustet, die einen Freigeist suggerieren. Wie würdevoll und anmutend zugleich. Leider werden diese Worthelden erzählerisch in einem verkatert moralischen Korsett an der Kandare gehalten, verlieren ihr energetisches Potential und lassen jegliche Illusion bewegungsfreudiger Innovationen von den Seiten verschwinden. Die Handlung verliert sich in meinen Augen in einem kitschig banalen Schwarz-Weiß-Gefälle, so etwas lässt mich leider am Gehweg ungesättigt vor sich hin schwadronieren.

Allein die Kostbarkeit der Sprache, die mit geistreicher Voluminösität ein bildhaftes Mosaik entwirft, ließ mich den Roman zu Ende lesen, so dass ich trotz dieser für mich persönlich unbefriedigenden Lektüre einen weiteren Roman der Autorin lesen werde.