Vom Vorstadtdrama zur Dystopie

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
coolcatscologne Avatar

Von

Ich habe mich sehr auf ein neues Buch von Celeste Ng gefreut und war dann kurz verwundert, denn thematisch wagt sie in „Unsere verschwundenen Herzen“ etwas Neues. Kein Vorstadtdrama diesmal, sondern eine politische Dystopie? Ganz anders, aber es funktioniert so gut. Darum gehts: Nach einer massiven Wirtschaftskrise wendet sich die USA zum absoluten Patriotismus. Alle Kritik wird verfolgt und bedroht, besonders asiatisch gelesene Menschen rassistisch angegriffen. Stellt es euch als eine Vorstufe von „Report der Magd“ vor, leider erschreckend aktuell. In diesem System lebt der 12-jährige Bird allein mit seinem Vater, denn die Mutter hat die Familie verlassen und jetzt irgendwas mit den Protesten zu tun, die überall aufflammen. Was genau finden wir zusammen mit ihm heraus. Celeste Ng setzt im Buch auf Kontraste. Während die Welt kalt und bedrohlich über uns hineinbricht, erschreckend realistisch durch steigende Preise und politische Unruhen, beschreibt sie ihre Figuren warm und fast zärtlich. Es geht um Angst und Einsamkeit und ganz viel Hoffnung, diese zu überwinden. Mit ihnen gehen wir auf eine Reise durch geheimnisvolle Bibliotheken, alltägliche Poesie, kreative Protestaktionen und den New Yorker Untergrund. Wie in ihren vorigen Büchern, möchte man in der Geschichte versinken. Mochte ich sehr.