Hat mich im Sturm erobert

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kupfisbuecherkiste Avatar

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Im November 1994 brennt im südschwedischen Marbäck ein Haus nieder. In der Ruine wird die Leiche einer jungen Frau gefunden, vor der Ruine ihr schwerverletzter Freund. Schnell ist für die Ermittlungsgruppe klar: Edvard, der Freund der Toten, muss der Verdächtige sein. Edvard wird verurteilt, ihm steht eine lange Haftstrafe bevor, und für Edvards Neffen Isak bricht die Welt zusammen. Seine Eltern meiden das Thema, und für Isak fällt mit Edvard eine seiner wichtigsten Bezugspersonen weg. Seine Jugend ist geprägt von Zweifeln, weiteren Verlusten und Gedanken darüber, ob ihn das gleiche Schicksal ereignen wird wie sein Onkel und dessen Vaters zuvor: das eines Gewalttäters.

Gleichzeitig wird dieser Fall für den Ermittler Vidar zum Fall seines Lebens. Vidar zweifelt an der Schuld Edvards und mag nicht so recht an Edvards Schuld glauben. So wirbelt Vidar auch Jahre später nach Abschluss des Falles Staub auf, was bei Kollegen und Vorgesetzten nicht auf Verständnis stößt. Denn die Rolle eines ominösen vierten Fahrzeugs ist nach wie vor noch nicht geklärt. Vidars Suche nach dem wahren Täter ist für ihn zur Lebensaufgabe geworden. Er riskiert seine Ehe und seinen Job, und trotzdem lässt ihn das Schicksal Edvards und Isaks nicht mehr los.

Die Ermittlungsarbeit stellt zwar eine elementare Säule des Buches dar, doch liegt der Fall nicht nur auf der Polizeiarbeit. Vielmehr liegt der Fokus auf den Protagonisten, deren Zusammenspiel sich zu einem Gesamtbild zusammenfügt, dass dieses Buch für mich zu einem Highlight für dieses Jahr macht. Die Eltern, die mit der Situation des Onkels und dem Schock des eigenen Sohnes nicht umgehen können, wollen ihren Sohn vor dem Stigmata, dass ein eigenes Familienmitglied zum Mörder wurde, beschützen.

Die Figur des Isaks ist eine tragische. Mehrere Verluste beuteln diesen jungen Mann, werfen ihn aus der Bahn. Er nimmt eine Rolle an, die so gar nicht zu ihm passen will, denn dieser gefühlvolle Mensch verwandelt seine Verzweiflung endet in Aggressivität, Rebellion und Gewalt und wird selbst zum Verbrecher. Es ist hart, diesen jungen Mann so zu sehen, dem hätte anders geholfen werden können, nicht nur vom Polizeiermittler, der versucht, sich Isaks anzunehmen. Aber auch Vidar konnte mich überzeugen. Sein Grundinstinkt ist richtig, was die Ermittlungen anbelangt, wenn auch ihn auch dieser Instinkt erst in die falsche Richtung treibt und er sich in einer falschen Fährte verliert, bemüht er sich, Isaks Leben wieder in positivere Bahnen zu lenken, und etwas gut zu machen.

Es ist eine Geschichte, die von der richtigen Mischung lebt. Die Ermittlungsarbeiten werden von den Geschichten der Menschen, aber auch von der Landschaft ergänzt, und alles greift – für mein persönliches Empfinden – ineinander. Die nötige Spannung, die nicht von actionreichen Schlagabtausch lebt, sondern von der Erzählweise des Autors. Die Wendungen, die das Buch nimmt, konnte eventuell vorausgesehen werden, ich habe mich aber sehr gerne aufs Glatteis führen lassen. Es waren diese kleine Erinnerungen um diesen Fall, die zum Schluss ein stimmiges Gesamtbild ergeben haben, und so konnte mich „Unter dem Sturm“ von Christoffer Carlsson mich im Sturm erobern, und wird mich jedenfalls sehr lange noch begleiten. Innerhalb weniger Stunden verschlungen, hat es mir sehr gut gefallen.