Atmosphärisch dicht, lebendig und spannend erzählt.

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geschwaetz Avatar

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Das Cover ist liebevoll gestaltet, aber ein wenig zu verspielt für meinen Geschmack. Die drei abgebildeten Frauen bringen etwas Farbe in die trüben Aussichten, die das Berlin ihrer Zeit für sie bereithielt. Im hinteren Einband findet man einen Auszug aus dem historischen Stadtplan Berlins rund um die die titelgebende Prachtstraße „Unter den Linden“.
Wir lernen drei unterschiedliche Frauen kennen, an deren Beispiel die Lebenssituationen in Preußen erzählt werden, die typisch für die damalige Zeit waren, in der Frauen nicht studieren, nicht politisch diskutieren, nichts ohne Zustimmung des Ehemannes tun und Lehrerinnen nicht verheiratet sein durften.
Dieser Roman ist eine Momentaufnahme in der Geschichte der Frauenbewegung und legt den Schwerpunkt des Erzählens auf die ersten Frauen, die an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität studieren dürfen. Die Autorin verknüpft ihre fiktionale Romanhandlung mit historischen Persönlichkeiten und Geschichten sehr glaubhaft.
Bei der lebendig geschilderten Atmosphäre des Berliner Gewimmels auf Bahnhöfen und Straßen, musste ich an Fallada denken, was ein gutes Omen für mich ist.
Die Autorin baut eine gute Spannung auf, mithilfe den Fragen, die sich ihre Figuren stellen, was deren Zukunft betrifft.
Ihr Erzählton wird jedoch nach und nach in manchen Passagen etwas zu märchenhaft und liebesschnulzig. Zu oft pochen Herzen und werden Küsse gestohlen. Zusammen mit all den vielen altbekannten und immer gleichen Metaphern und Formulierungen führte es dann bei mir zur Ermüdung.
Insgesamt ist es ein guter Unterhaltungsroman, der einem noch einmal klar macht, wie schwierig es für Frauen war und oft leider immer noch ist, ein unabhängiges und selbständiges Leben nach eigenen Wünschen und Bedürfnissen führen zu können.
Das dem Buch vorangestellte Zitat von Hedwig Dohm: "Ob Frauen studieren dürfen? Ob Frauen studieren können? Ob Frauen studieren sollen? Mir persönlich erscheinen diese Untersuchungen ebenso müßig, als wollte jemand fragen: Darf der Mensch seine Kräfte entwickeln? Soll er seine Beine zum Gehen gebrauchen?", macht einem sehr deutlich, dass der Frauenbewegung wieder mehr Wertschätzung entgegen gebracht werden sollte, was unserer gesamten Gesellschaft sehr gut tun würde.
Gerne hätte ich noch mehr über Lise Meitner erfahren. So ist dieser Roman auch ein guter Anstoß, sich mit dem Thema der Frauen-und Menschenrechte und den Arbeitsmöglichkeiten in der Wissenschaft zu beschäftigen.
Insofern war es ein inspirierendes Leseerlebnis.