Feminismus light

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mia-w Avatar

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Ich war sehr gespannt auf diesen Roman, versprach er doch, zentrale Eckpunkte des Feminismus (nämlich die Einführung des Studienrechts für Frauen in Preußen im frühen 20. Jahrhundert) anhand von Einzelschicksalen erlebbar zu machen, und damit unmittelbarer erfahrbar als in einem Sachbuch. Dieses Ziel verfehlt der Roman jedoch meines Ansicht nach deutlich. Größter Kritikpunkt: Die feministischen Bestrebungen der Protagonistinnen werden in einen leicht verkitschten Liebesroman eingebettet, was einen schalen Nachgeschmack hinterlässt.

Ein Wort zur Handlung: Wir begleiten drei Frauen im Berlin des frühen 20. Jahrhunderts: Lise ist Studentin der Physik, Hedwig ist gelangweilte Ehefrau der Oberschicht mit Ambitionen auf einen Studienplatz in Geschichte und Anni schließlich ist Dienstmädchen mit großem Wissensdurst im Haushalt des pensionierten Schulrats von Berlin. Der Kniff der Erzählung: Bei Lise handelt es sich um die reale Person von Lise Meitner, deren Zeit in Berlin von der Autorin sehr nah an den echten biografischen Fakten entlang erzählt wird. Verwoben hat sie dies mit den fiktionalen Figuren Hedwig und Anni. Die drei Frauen lernen sich zufällig kennen und freunden sich an. In den folgenden acht Jahren, die der Roman abdeckt, begleiten wir die drei bei ihren Kämpfen mit der Unterdrückung von Frauen im preußischen Berlin, aber auch bei zwischenmenschlichen Irrungen und Wirrungen.

Und genau hier kann sich das Buch meiner Ansicht nach nicht so recht entscheiden: Für einen Roman zu geschichtsversessen, für ein Sachbuch über die Geschichte der Frauenrechte in Preußen jedoch viel zu verspielt, mäandert der Roman auf immerhin 460 Seiten etwas ziellos hin und her zwischen historischen Fakten und zum Teil unsäglich, fast schon Liebesroman-anmutender Schmonzetten-Prosa. Sehr schade, denn die Grundidee an sich ist so schlecht nicht, und hier hätte meiner Ansicht nach auch Potenzial für ein interessanteres Buch gelegen. Denn trotz des durchaus vorhandenen Unterhaltungswertes und der (in den Anmerkungen der Autorin dargelegten) soliden recherchierten Fakten hat mich das Buch keineswegs so gefesselt, wie ich es von einem historischen Roman erwarte.