Ernsthaft und feinfühlig

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noiram Avatar

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Annegret Liepolds Debütroman Unter Grund ist ein stilles, aber eindrucksvolles Buch, das mich lange nach dem Lesen beschäftigt hat. Die Geschichte führt zurück in die fränkische Provinz, wo die Hauptfigur Franka nach langer Abwesenheit wieder mit ihrer Vergangenheit konfrontiert wird. Dabei geht es nicht nur um familiäre Konflikte, sondern auch um gesellschaftliche Themen wie das Wegschauen, das Schweigen und die unterschwellige Radikalisierung auf dem Land.

Was mich besonders überzeugt hat, ist die Sprache der Autorin: ruhig, präzise und atmosphärisch dicht. Liepold beschreibt die Landschaft und die Menschen mit großer Genauigkeit – ohne Klischees, aber mit spürbarem Gespür für die Schwere, die auf dieser Region und den Figuren liegt. Die Figur der Großmutter, die »Fuchsin«, ist eindrucksvoll gezeichnet und bleibt auch nach der Lektüre im Gedächtnis.

Die Parallelen zur rechten Szene, insbesondere zur NSU-Thematik, sind sensibel eingeflochten, auch wenn mir diese zweite Ebene manchmal etwas zu gewollt erschien. Trotzdem regt das Buch zum Nachdenken an, ohne belehrend zu wirken. Es geht darum, was passiert, wenn man schweigt, wenn man verdrängt – in der Familie wie in der Gesellschaft.

Auch das Cover passt gut zum Inhalt: Es zeigt einen Fuchs im Gestrüpp – ein starkes Bild für Verstecktes und Verdrängtes. Die gedeckten Farben unterstreichen die eher düstere, nachdenkliche Stimmung des Buches.

Unter Grund ist keine leichte Lektüre, aber eine lohnenswerte. Es ist ein ernsthaftes, feinfühliges Buch über die dunklen Schatten, die Geschichte und Gegenwart miteinander verbinden. Ich kann es allen empfehlen, die sich für aktuelle gesellschaftliche Fragen und psychologisch dichte Familiengeschichten interessieren.