Nicht der Coelho, den ich kenne und mag

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Inhalt
Linda, Journalistin einer Tageszeitung in Genf, 31 Jahre alt, Frau eines reichen Mannes, Mutter von zwei Kindern, von allen geliebt und geachtet - und von heute auf morgen schrecklich unglücklich mit ihrem Leben, in dem nie irgendetwas passiert. Um dem luxuriösen Trott zu entgehen, stürzt sich Linda in eine heftige Affäre mit ihrem alten Schulfreund Jacob, der inzwischen hochrangiger Politiker und ebenfalls verheiratet ist, im Unterschied zu ihr aber gar nicht erst behauptet, damit glücklich zu sein - was die Sache aber auch nicht einfacher macht.

Meine Meinung
Erzählt wird "Untreue" in der Gegenwartsform. Würde Linda ihre Geschichte rückblickend erzählen, wären die vielen Wertungen ihres eigenen Verhaltens vielleicht flüssiger zu lesen. Denn so ist es leider nur eine Aneinanderreihung von Erklärungen und Fragen, wie sie kein normaler Mensch je denken oder sagen würde. Linda langweilt sich und hat keine Lust mehr auf Sex mit ihrem Mann, vielleicht kündigt sich sogar eine Depression an.

Der größte Teil der 300 Seiten gibt Lindas Überlegungen zu ihrem inneren Zustand wieder. Und dies geschieht auf blutleere Art voller Wiederholungen und Nichtigkeiten. Es wird behauptet, dass Linda ihren Mann liebt, aber sie nennt keinen Grund dafür. Ärgerlich auch die Informationen über das politische System der Schweiz, die Coelho in „Untreue“ eingebaut hat. Sie waren im Original völlig falsch und wurden erst nach Übersetzung ins Deutsche vom Lektorat korrigiert, wie ich bei einer näheren Recherche zu dem Buch herausgefunden habe.

Linda, die frustrierte Ich-Erzählerin in „Untreue“, ist eine durch und durch egoistische Figur. Sie ist verwöhnt, unsympathisch und hat mich schnell gelangweilt. Auf der Suche nach Veränderung, findet sie als einzige Lösung Sex. Ungezügelten und leidenschaftlichen Sex. Nach 300 Seiten erkennt sie, dass sie ihren Mann liebt und es sie zurück ins häusliche Glück zieht. Die Entwicklung zu diesem Punkt hin ist ebenso wenig nachvollziehbar wie das weichgespülte Ende der Geschichte.

Fazit
"Untreue" ist eines der schwächsten Bücher von Paulo Coelho. Für mich war es leider eine Enttäuschung.