Wahn und Wirklichkeit

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buecherfan.wit Avatar

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In seinem ersten Thriller “Vater, Mutter, Tod” erzählt Siegfried Langer von einer Familie, in der ein 7jähriger Junge zu Tode kommt, als der alkoholisierte Vater und die verängstigte Mutter sich streiten. In einer anderen Familie wird ein gleichaltriger Junge aus dem Elternhaus entführt, wo er von der jungen Türkin Ayse betreut wurde. Beide Geschehnisse hängen irgendwie zusammen, aber lange ist nicht erkennbar, was sie verbindet. Außerdem gibt es da die erfolgreiche Architektin Jaqueline Adam, deren Entwurf eben eine Ausschreibung gewonnen hat. Sie leidet zunehmend an Gedächtnisverlust und hat Schwierigkeiten, sich im Alltag zu orientieren. Sie wird von Dr. Rakowski therapiert, der sie mit ihren Widersprüchen konfrontiert und versucht, die Wahrheit herauszufinden. Kommissar Martin Manthey ermittelt im Fall des getöteten und des entführten Kindes und wird immer wieder schmerzhaft an seine eigene Situation erinnert. Seine Frau leidet seit über zwanzig Jahren an schweren psychischen Störungen und ist für ihn nicht mehr erreichbar. Sie hat den Tod der kleinen Tochter nicht verkraftet.
Der Autor macht es dem Leser nicht leicht, da er die Geschehnisse nicht chronologisch erzählt. Das umgestellte Erzählen bewirkt, dass der Leser selbst die Puzzleteilchen zusammensetzen muss. Das Erzählen auf verschiedenen Zeitebenen ist jedoch nicht die einzige Schwierigkeit. Der Leser muss sich immer wieder fragen, ob die dargestellten Ereignisse, die Namen, die Schauplätze im Rahmen der Romanhandlung real oder Teil von Wahnvorstellungen sind. Zunächst scheint nichts so recht einen Sinn zu geben. Der Leser sammelt wiederkehrende Hinweise wie bei einer Schnitzeljagd - das Brotmesser, die zerschnittene Kleidung, die Verletzung -, und durchschaut erst im letzten Drittel allmählich die Zusammenhänge.
Langers Roman ist gut geschrieben, spannend und trotz der eigenwilligen Erzählstruktur gut lesbar. Ich empfehle ihn Lesern, die akzeptieren, dass er sich nicht mühelos konsumieren lässt.