Fehlende Vaterfigur.

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brombeere Avatar

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Worum geht es?
Ein Mann liegt mit Organversagen im Krankenhaus, er weiß nicht ob er überleben wird. Und so verfasst er einen Brief an seinen Vater, der nicht mehr da ist. An seiner Seite der Rest der Familie (Mutter und Schwester), der nicht miteinander spricht.

Worum geht es wirklich?
Gastarbeiter, Jugend und Identität.

Lesenswert?
Ja, gefällt mir gut. Das Cover ist erst einmal nicht aussagekräftig, der Klappentext trifft es aber sehr gut. Die Familie und das Erwachsenwerden der Geschwister sowie in früheren Jahren das der Mutter, stehen im Vordergrund. Kapitelweise springt man lose durch die Zeit und lernt alle drei Personen kennen. Das kann schon einmal für Verwirrung sorgen, wie der genaue Erzählstrang nun verläuft.
Positiv (vor allem im Hinblick auf die Nominierung zur Longlist Buchpreis 2023) ist mir die gute Lesbarkeit aufgefallen. Der Roman ist wirklich angenehm geschrieben trotz der Ansprache des Sohnes an seinen Vater. Die Szenen sind sehr eindrücklich und vehement, teilweise auch sehr bewegend und emotional geschildert. Manchen Dinge sind schwer zu ertragen (hier aus aktuellem Anlass eine CN: Erdbeben im Heimatort spielt eine Rolle.)
Immer im Mittelpunkt die Anklage an den fehlenden Vater, die Dringlichkeit mit der der Vater benötigt worden wäre. Generell spielen Eltern-Kind-Beziehungen in mehreren Generationen eine große Rolle und auch der Wunsch nach Zugehörigkeit - sei es zu einer Gruppe, zu einer anderen Person oder einfach nur zu einem Land.
Es gibt neben den drei Hauptfiguren definitiv auch Nebenfiguren, die voll ausgearbeitet sind und an deren Geschichte man wirklich Anteil nimmt. Manche anderen bleiben eher zurückhaltend dargestellt.
Mir gefällt gut, wie der Autor immer wieder türkische Begriffe einfließen lässt und auch Personen so angesprochen werden. Dies macht das ganze lebendig und realistisch.
Das Ende lässt mich tatsächlich etwas verwirrt zurück, aber hat die Lektüre nicht schlechter gemacht.
Ich habe das Buch definitiv gerne gelesen und freue mich, dass es lesbare Titel auf der Longlist gibt!