Geflasht

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mike nelson Avatar

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Geflasht. Das war ich, nachdem ich die letzte Seite von Necati Öziris autofiktionalem Roman "Vatermal" verschlungen hatte. Und ich dachte - dieses Buch hat es vollkommen zurecht und absolut verdient auf die Shortlist des diesjährigen Deutschen Buchpreises geschafft! Öziri beschreibt eine Welt, die dem typischen gutbürgerlich-wohlsituierten Bundesdeutschen weitgehend verborgen ist, ihm im Höchstfall 'am Bahnhof', 'im Vorbeigehen' in Person von herumlungernden, südländisch wirkenden Jugendlichen begegnet, um die man dann doch lieber einen möglichst großen Bogen macht, um nicht 'angepöbelt' zu werden. Aber das ist nur ein Momentum dieses Buches. Sein Protagonist liegt mit Organversagen im Krankenhaus und erzählt dem abwesenden Vater (Metin), der mehr der linken Gruppierung DevSol als seiner Familie zugehört hat, die Geschichte seiner Familie, wie es ihnen allen ergangen ist, seit sie in Deutschland sind. Berührende Einblicke. "Ich wünschte, Metin, man könnte Erinnerungen einfangen. Wie Insekten, die ein Eigenleben haben, einen eingebauten Instinkt, der sie leitet. Ich würde sie in runden Einweggläsern aufbewahren, die Deckel fest zugeschraubt. So stehen sie dann nebeneinander aufgereiht in einem Wandschrank im Keller..." Und nach und nach werden die 'Einweggläser 'aufgeschraubt, die Erinnerungen 'aus dem Keller' geholt... Und das ganz Besondere dieses Romans: Eine Sprache, die einen regelrecht umhaut: "Aber wenn es eine Sache gibt, die ich... begriffen habe, dann, dass wir alle auf dieser Welt nur beschissene Gastarbeiter sind, und das Einzige, was du tun kannst, ist, aufstehen und das Leben suchen, solange du noch kannst. Ich atme ein und aus. Unbedingte Leseempfehlung!!!