Auf der Suche nach der eigenen Herkunft

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gormflath Avatar

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Monika Helfer wollte die Geschichte ihrer Familie aus dem Bregenzerwald schon früher verarbeiten, wartete aber lange Zeit damit, weil sie niemanden verletzen wollte. Im Vorgänger, dem Bestseller „Die Bagage“ begann sie in ihrer reduzierten Sprache, die dunklen Flecken ihrer Vorarlberger Herkunft zu beleuchten, was sie nun fortsetzt. Im ersten Teil erzählte sie von ihren Großeltern, Maria und Josef Moosbrugger, die am Rande eines Bergdorfs in ärmlichen Verhältnissen lebten und als Außenseiter im Dorf nur „Die Bagage“ genannt wurden.
Im Lazarett, wo Greta, das Kuckuckskind der „Bagage“ als Krankenschwester arbeitet, lernt sie den feinsinnigen, dünnen Josef mit dem amputierten Unterschenkel kennen. Schnell werden die Beiden ein Paar und haben vier gemeinsame Kinder. Josef wird Leiter eines Invalidenheims, in dem in dem Stumpfsinnige, Einäugige und Amputierte eine Zuflucht finden. Mitte der 1950er-Jahre kommt ein Steuerprüfer ins Haus, das nun als Hotel umgebaut werden soll. Josef, genannt „Vati“, ein Literaturliebhaber, hat sich inzwischen im Kriegsoper-Erholungsheim in den Bergen eine Bibliothek aufgebaut und befürchtet nun, dass sein Buchdiebstahl auffliegen könnte. Er versucht, sich das Leben zu nehmen, ruiniert sich dabei aber nur seinen Magen. Als die Mutter an Krebs stirbt, gelingt es Josef nicht mehr, für seine Kinder zu sorgen und so werden sie aufgeteilt: Monika, die Autorin und ihre beiden Schwestern Gretel und Renate kommen zu Tante Katha, der Bruder zeiht zu Irmi. Nach Jahren, die von Armut und beengten Lebensverhältnissen gezeichnet sind, heiratet Vati wieder und holt die Kinder zu sich. Mit der Stiefmutter hat er noch zwei weitere Kinder.
In ihrem berührenden Roman begibt sich die Autorin auf Spurensuche nach dem Wesen ihres Vaters und auf die Suche nach der eigenen Herkunft. In sanften Worten berichtet sie vom Existenziellen, vom Aufwachsen in schwierigen Verhältnissen und Geschehnissen, die schmerzhaft in Erinnerung geblieben sind. Wie viele Männer seiner Zeit war auch Vati immer sehr schweigsam.
Sie versucht in ihrem Erinnerungsbuch, einem Porträt der Nachkriegskindergeneration, Zugang zu den Gedanken und Träumen des Vaters zu finden, der ihr doch immer fremd geblieben ist. Am Ende ist doch alles gut geworden, wenn auch auf eine bösartige Weise: „Wir haben uns alle sehr bemüht.“ Die lebendige Fortsetzung der „Bagage“ ist ebenso lesenswert wie der erste Teil.