Ein Vater zum Gernhaben

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Kein Mensch ist vollkommen, auch Josef Helfer nicht. Der völlig mittellose beinamputierte Invalide ohne viel Bildung oder Berufserfahrung hat es geschafft, Leiter eines Kriegsopfer-Erholungsheimes, beinahe Hotelier zu werden. Das hat ihn aufgerichtet und über sich selbst hinauswachsen lassen. In dieser Funktion hat er viel Gutes bewirkt. Doch gerade diese Funktion und seine Sorge um die kostbare Bibliothek des Heimes stellt ihm ein Bein. Der nachfolgende Sturz und vor allem der Tod seiner Frau, Monika Helfers Mutter, vermag ihn zu brechen.
Josef Helfer scheint mir ein liebevoller Ehemann und Vater zu sein. Doch Monika Helfer verschweigt auch seine Schwächen nicht. Umfassend und objektiv werden die Erinnerungen durch die Befragung von nahen Personen, der Stiefmutter, der Schwestern und anderen Verwandten. Alles in allem ein Teppich, der sich aus vielen Bildern und Blickpunkten zusammensetzt. Ein Vater, von verschiedenen Seiten beleuchtet, aber immer respekt- und liebevoll.
Mir gefällt, wie genau der Sprache und ihrer Ausdrucksstärke auf den Zahn gefühlt wird. Auch das hat Vati der kleinen Monika mitgegeben. Ebenso die Liebe zu den Büchern und dem geschriebenen Wort.
Monika Helfer gewährt uns Lesern seit der „Bagage“ einen tieferen Blick in ihre Herkunft und ihre Verwandtschaft. Sie berührt auch private Punkte, die ihre eigene Familie betreffen: die verunglückte Tochter Paula, den Ehemann im damaligen Status als Freund, ihre täglichen Spaziergänge. Da auch mein Vater zu den Kriegsopfern gehörte, kenne ich die genannte Erholungsmöglichkeit von anderen Heimen, leider ohne Bibliothek, die auf der Tschengla eine so wichtige, große und verhängnisvolle Rolle gespielt hat.
Ich durfte Monika Helfer schon mehrmals begegnen und habe fast alle Bücher gelesen. Ihren neuesten Roman habe ich als Hörbuch genossen. Doch in gedruckter Form sind mir Helfers Werke lieber. Freilich, Emotionen werden beim Hören deutlicher. Doch dieses Vorlesen war mir durch die auffallende Schnappatmung fast unangenehm. Die hat mich bei diesem Hörbuch zeitweise abgelenkt.