Kriminalistik im D-Zug

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botte05 Avatar

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„Winter in Venedig. Kalter Wind und Nebel fegen durch die dunklen Gassen. Commissario Luca Brassoni und seine Freundin, Gerichtsmedizinerin Carla Sorrenti, genießen es, die sonst von Touristen überlaufene Stadt für sich zu haben.

Bei einem nächtlichen Spaziergang begegnet ihnen an den Stufen der Kirche Santa Maria del Rosario eine junge Frau. Sie ist völlig verstört, kaum ansprechbar und hat ihr Gedächtnis verloren. Brassoni findet heraus, dass sie einem gefährlichen Verbrecher entkommen ist. Ein brutaler Serienmörder treibt in Venedig sein Unwesen, und er fängt gerade erst an …“ Zitat Buchbeschreibung

Brassoni ist beunruhigt. Erst die von ihm aufgefundene, desorientierte Frau und kurz darauf noch der Fund einer Frauenleiche. Erste Ermittlungen des Teams um den Kommissar führen zu zwei früheren Vermisstenfällen einer benachbarten Dienststelle, welche ungeklärt und offenbar in einem sehr frühen Stadium der Ermittlungen ad acta gelegt worden sind. Die Verstorbene ist eine der damals vermissten zwei jungen Frauen. So bestätigen sich die schlimmsten Befürchtungen; ein Serientäter treibt sein Unwesen in Venedig.

Aber auch im Privatleben des Commissario gibt es diverse Turbulenzen, so dass er sich nicht vollends in die Ermittlungen vertiefen kann.

Bei diesem eBook handelt es sich dem Vernehmen nach um einen Kriminalroman. Aber nur weil ein Kommissar mitspielt und es Opfer gibt, ist es noch lange kein wirklicher Krimi. Die eigentlichen Ermittlungen haben bereits Einzug in die Akten der benachbarten Behörde gehalten und finden außerhalb der Wahrnehmung des Lesers statt. Vielmehr geht es großflächig um das Privatleben des Herrn Kommissar, vermeintlich falsche Fährten und m. E. viel „schmückendes Beiwerk“.

Frau Gesing scheint mir recht inspiriert zu sein von Donna Leon und ihrem Venedig (vielleicht habe ich auch nur zu viel Phantasie und finde, Brassoni klinge Brunetti recht ähnlich…), vergibt hier aber eine gute Grundlage für einen richtig tollen Kriminalroman. Es gibt eine Leiche, mehrere Entführte, einen Quoten-Schwulen, eine Affäre, ungeahnte familiäre Entwicklungen und einen Kommissar, der irgendwie das Entscheidende nicht mitzubekommen scheint. „Auf einmal“ gibt es mehrere Verdächtige, eine falsche Fährte und schwupps! -> Happy End… Es drängt sich mir der Eindruck auf, dass die Autorin unter Zeitdruck stand und „mal eben noch“ den dritten Brassoni fertig bekommen wollte.
Eine Unkenntnis der zwei vorangegangenen Geschichten um den Kommissar hat sich beim Lesen nicht negativ bemerkbar gemacht.

Ich vergebe jedoch trotzdem drei Sterne, weil mich dieses Buch kurzweilig unterhalten hat und im schönen Venedig spielt. Die Leseprobe versprach einen soliden, spannenden Krimi. Ein Versprechen, welches das eBuch leider nicht einlöst.

Rezension: Daniela Gesing, Venezianische Schatten, Krimi, Verlag Midnight by Ullstein, eBook, 242 Seiten, 3,99 €, Erscheinungsdatum: 13.05.2016