Der Preis des Lebens

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maesli Avatar

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Alex lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Stockholm. Immer wieder kommt es zu Wutausbrüchen und Ausfällen gegenüber seiner Familie, bis die Situation zu eskalieren droht und er, um sich und seine Familie zu retten, professionelle Hilfe sucht.
Die Analyse seiner dunklen Charakterseite führt ihn bald zu seinem Großvater, dem bedeutenden Schriftsteller Sven Stolpe, dessen auffälligster Charakterzug die Wut war. Er war ein Mann, der das Leben seiner Ehefrau und Kinder zerstörte und mit seinem Gift, das er reichlich und oft versprühte, dafür sorgte, dass auch die nachkommenden Generationen darunter litten.

Während des Studiums des großväterlichen Nachlasses stößt Alex auf einen Vorfall, der sich 1932 ereignete. In einem Schreiben nennt sich Stolpe „Opfer eines sexuellen Attentats“. Es ist der Beginn einer legendären Feindschaft mit dem berühmten Olof Lagercrantz, die so extreme Ausmaße annimmt und die einem solchen Hass entspringt, dass das Leben seiner Großmutter, um die sich die beiden Männer bis aufs Blut bekämpften, in große Gefahr gerät.
Langsam arbeitet sich Alex durch die etwa 7.000 Briefe und lernt seine Großeltern neu kennen.

Meine persönlichen Leseeindrücke
In „Verbrenn meine Briefe“ geht es um Wut und psychische Gewalt in der Familie und die Frage, ob Wut vererbbar ist. Dieser Frage widmet sich Alex Schulman mit diesem Buch und nimmt mich als Leserin mit auf Ahnenforschung. Zentrale Figuren in dieser Tragödie sind sein Großvater Sven Stolpe, seine Großmutter Karin Stolpe und Olof Lagercrantz, der wie sein Großvater ein bedeutender schwedischer Literat seiner Zeit war. Zufällig lernen sich Karin und Olof 1932 kennen und verlieben sich ineinander. Es entbrennt eine Leidenschaft, die Karin bald in Lebensgefahr bringt.

Ich kann nicht anders, als mich auf Karins Seite zu stellen. Wie Alex wünsche ich mir, dass sie es schafft, diesem Widerling zu entfliehen, der sie mit seinem Hass bewusst und gewollt zerstört. Das Erschreckende dabei ist mitanzusehen, wie sich Karin ihrem Schicksal fügt, ja sich sogar am Vorbild ihrer Mutter, die ständig alles tat um das Risiko, dass der Vater wütend wurde, zu minimieren, orientiert. Dass sie schlussendlich aufgibt, um am Leben zu bleiben, auf ihr Glück und Wohlergehen verzichtet, wühlt mich sehr auf und beschäftigt mich, auch nachdem ich den Roman beendet habe.
Sven Stolpe hat bewusst seine Frau vernichtet. Er hat dies auf eine teuflische, durchtriebene, manisch abartige und brutale Art gemacht und seine Herrschaft über ihr Leben auf perfide Weise tagtäglich demonstriert. Wie Alex Schulman das literarisch einfängt und mir die familiären Abgründe präsentiert, ist eine Klasse für sich.

Fazit
Mit Verbrenn all meine Briefe setzt sich Alex Schulman mit dem Thema Wut auseinander und versucht an seiner Familiengeschichte zu verstehen, ob Wut vererbbar ist. Er macht dies anfangs nicht freiwillig, sondern erst als seine unbeherrschten Gefühlsausbrüche drohen seine Familie zu zerstören.