Dramatisches Ménage à trois im Schweden der 1930er Jahre

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luisabella Avatar

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»Mit Olof braucht sie nicht darüber nachzudenken, wie sie sich benimmt. Dass es so eine Erleichterung sein kann, man selbst sein zu dürfen.« (S.212)

Der Autor, Blogger und Journalist Alex Schulman trägt eine Wut in sich, die ihn zerfrisst und sich zunehmend auf seine Partnerschaft und Familie auswirkt. Mit einer Familienaufstellung will er diese Wut ergründen und stellt fest, dass die Familienverhältnisse auf mütterlicher Seite sehr zerrüttet und von Wut geprägt sind. In seinem Buch »Verbrenn all meine Briefe « (aus dem Schwedischen von Hanna Granz, Original 2018) schreibt Alex Schulman über genau diese Familienrecherche, seine Familienerinnerungen und verwebt dies mit der fiktionalisierten Nacherzählung des Lebens von seinen Großeltern. Die Kapitel wechseln sich inhaltlich ab und die Erzählung dieser dramatischen Liebeskonstellation ist jeweils durch Datumsangaben aus dem Schicksalsjahr 1932 gekennzeichnet.

Die mit dem schwedischen Schriftsteller und Literaturkritiker Sven Stolpe [1905-1996] verheiratete Karin [1907-2003] verliebt sich in den jüngeren Schriftsteller Olof Lagercrantz [1911-2002]. Es entsteht eine tiefe Liebe zwischen den beiden - aber das Ménage à trois ist nicht durch Glück gekennzeichnet. Mehr nehme ich an dieser Stelle nicht vorweg.

»Sie schaut zu Olof. Da steht er mit seinem schönen Blick und sieht sie mit sanftem Lächeln an. Sie bemerkt, dass er weint. Lautlos und still. Und erst da, als ihr klar wird, dass er für sie weint, kann sie endlich Selbstmitleid empfinden. Es öffnet sich ein Kanal direkt in ihre Kindheit. Seine Tränen machen sie so verzweifelt hilflos, denn es ist, als würden sie sagen: Du darfst traurig sein, Karin. Du hast jedes Recht dazu.
Wer würde bei so etwas stark bleiben können?« (S.199)

»Verbrenn all meine Briefe« ist ein sehr persönliches Buch und erzählt die Liebesgeschichte von Karin & Olof und die Ehe von Alex Schulman’s Großeltern Karin & Sven. Eine dramatische Liebesgeschichte, wie sie nur das Leben schreiben kann, und die zeigt, dass das Bild, das wir von unseren nahestehenden Personen haben, sich sehr verändern kann. Alex Schulmans neues Buch (das älter ist als sein Bestseller »Die Überlebenenden«) zeigt seine großartigen Schreibkünste kombiniert mit sehr aufwändiger Recherche.

Ein schönes und gleichzeitig trauriges Buch über eine unglückliche Dreieckskonstellation.

[TW: Schwangerschaftsabbruch]