Episch fehlgerichteter Hass

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"Nach einem nervenaufreibenden Streit wird Alex klar, dass er eine Wut in sich trägt, eine undefinierbare Dunkelheit. Er ist besessen davon, die Ursprünge zu ergründen, und folgt den Hinweisen, die ihn zurück in den Sommer 1932 und den Winter 1988 führen, zu den schicksalhaften Ereignissen, die in seiner Familie alles verändern sollten. Auf der Suche nach Antworten stößt er auf die Geschichte zweier unglücklicher Liebender, die zeigt, wie tief sich Leidenschaft und Wut über Jahrzehnte und Generationen hinweg in eine Familie graben können." (Klappentext)

Der autofiktionale Roman 'Verbrenn all meine Briefe' erzählt eine opulent nachhallende Geschichte. Eine allwissende Erzählstimme blättert anhand von Briefen und Tagebuchauszügen ein Wurzeln geschlagenes Familiengeheimnis auf. Diese Erzählstimme belebt Alex Schulman mit einer Sprache, die vor tiefgründig authentischer Leidenschaft nur so strotzt. Bei all der lebendigen Herzenskraft strafft er dramaturgisch in voller Klarheit die Handlung zu einer facettenreichen Komprimierung zusammen und versiegelt das Ganze auf einzigartige Art und Weise. So versiegelt, dass beim Aufschlagen des Buches ein 'Plop' zu hören ist wie beim Öffnen eines Einmachglases. Ein 'Plop', welches Qualität, Geschmack, Einzigartigkeit, Genuss, Vergnügen, Spannung und so vieles mehr verspricht und hält. Die Geschmacksnerven meiner Zunge wurden bei der Lektüre spielerisch durchgängig durch sich reibend abwechselnde Süß-Sauer-Komponenten angeregt, um am Ende in harmonischer Traurigkeit zusammengerollt das Buch zu schließen.

"Ich tappe nicht länger im Dunkeln. Ich weiß, welche Aufgabe ich vor mir habe. Und ich stecke nicht fest, ich bin in Bewegung." 297

Nur wenn wir mutig in Bewegung bleiben, in einer Bewegung, die voller Offenheit zu uns selbst und zu den Narrativen unserer jeweiligen Familiengeschichten gerichtet ist, nur dann können wir episch fehlgerichteten Hass in einer Familie deuten, verstehen und vielleicht auch transformieren. Dies in poetischer Lebendigkeit zu Papier zu bringen, kann er einfach, der @alexschulman .