Familienrecherche aufgrund geerbter Wut

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Alex Schulmann kann es. Er kann typisch skandinavisch und wie schon in „Die Überlebenden“ in klaren, schnörkellosen Worten eine beklemmende Erzählung zeichnen. Ich konnte nicht aufhören zu lesen - schnell verflogen die 300 Seiten - trotz der Erwartung Schlimmerens, die zunehmend erfüllt wurde. Zum Teil traf mich schwelender Schmerz beim Lesen, bittere Resonanz in meinem Empathiezentrum und Betroffenheit beim Zusehen vor meinem geistigen Auge.
Auf der Basis existierender Personen und Begebenheiten, anhand von Briefen und Tagebüchern recherchiert, spinnt der Roman eine realbasierte Fiktion. Auf drei Zeitebenen, 1932, 1988 und in der Gegenwart baut die Geschichte Erklärungen für das ungewöhnliche Emotionsleben des Protagonisten Alex, denn er ist unberechenbar, jähzornig und angsteinflößend. Ausgehend vom Satz seiner Frau: „Ich weiß nicht, wie oft ich das noch ertragen kann.“ macht er sich auf die Spurensuche in der Vergangenheit und wird bei seinem Großvater fündig. Aus einer tiefgehenden Affäre der Oma, auf die der Großvater mit destruktiver Eifersucht reagiert, spinnt sich ein Meer negativer Emotionen. „Desillusion, Narzissmus und Einsamkeit. Ein schwerkranker Mensch mit Wahnvorstellungen, die ihn für alle, die ihm nahekamen, gefährlich machten.“, so resümiert Alex. Der „episch folgerichtige Hass“ des Opas zieht sich durch die Zeitebenen, denn der Großvater „verankert nicht in seiner Wut, sondern treibt hilflos mit ihr durch die Jahrzehnte“ und vergiftet damit nachfolgende Generationen.
Ich gebe eine klare Leseempfehlung für dieses schwedische Highlight.