Wie kam der Schmerz in die Familie?

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Alex Schulman ist einer DER schwedischen Autoren, die momentan große Aufmerksamkeit genießen. Im vergangenen Jahr erschien ins Deutsche übersetzt der Roman „Die Überlebenden“ und nun ist sein eigentliches Debüt übersetzt von Hanna Granz auch bei uns zu haben. Im Original ist diese autofiktionale Geschichte bereits 2018 erschienen und gibt uns einen intimen Einblick ins Schulmans Leben.
Drei Ebene hat der Roman und alle greifen ineinander und sind doch grundsätzlich verschieden. Sein Schreibstil entspannt wieder eine Sogwirkung in dem er sein eigenes psychologisches Familiendrama skizziert:

Analyse. Denn der erste Faden spielt in der Gegenwart und zeichnet ein von unvorhersehbarer Wut und vom Zorn gepackten Mann in Mitten seiner Familie. Alex Schulman schildert seine psychotherapeutischen Aufarbeitungen und macht sich auf die innere und äußere Spurensuche was ihn zu solch einem Verhalten leiten lässt. Schnell wird klar: Es liegt in der Familiengeschichte seiner Mutter begraben und er recherchiert.

Rekonstruktion. Strang Nummer 2 spielt im Jahr 1932, in dem seine Großmutter Karin (der auch das Buch gewidmet ist) ihrer großen Liebe Olof Lagercrantz begegnet, nur leider ist sie bereits verheiratet mit Sven Stolpe. Und dieses Drama entspinnt sich jahrzehntelang. Sven Stolpe macht seiner Frau das Leben zur Hölle und liefert sich einen erbitterten literarischen Kampf mit seinem Nebenbuhler. Olof und Karin lieben sich und doch kann es nicht sein und wird nie gelebt.

Erinnerung. Schulman taucht in seine eigene Kindheit ab und reflektiert wie er den narzisstischen, frauenverachtenden Mann, seinen Großvater, wahrgenommen hat. Mit Kinderaugen verfolgen wir die unheilvolle und kalte Stimmung im Hause der Großeltern.

Auch wenn hier viel vom Autor und all den bekannten schwedischen Literaten in seinem Umfeld enthalten ist, (Auch Karin war im Literaturbetrieb tätig als Übersetzerin ins Schwedische aus 4 Sprachen!) ist und bleibt es ein Roman, da ja doch viel unklar bleibt im Rückblick.
Schulman hat ein besonders ergreifenden Roman geschrieben, der mich noch lange nach der Lektüre beschäftigt hat. Er hat die Gabe in seinen Texten die Beklemmung einer ganzen Familie darzustellen und zeigt uns wie weit das Unglück dreier Personen noch sehr lange nachhallen kann in den kommenden Generationen. Wirklich ein Stück gute Literatur!