Zerstörerisches Familiengeheimnis

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Alex bemerkt nicht zum ersten Mal, dass etwas nicht stimmt. Warum haben seine Kinder und seine Frau offensichtlich Angst vor ihm? Er versteht es nicht, kann es nicht in Relation zu seinen Handlungen setzen. Und doch: da ist irgendetwas - etwas, das ihn seit seiner Kindheit begleitet - nur was? Eine Therapiesitzung offenbart auffällige Disharmonien in den Beziehungen seiner Familie mütterlicherseits. Doch worin liegen die Ursachen der zahlreichen Streitereien, der gestörten Beziehungen, der Kontaktabbrüche, die in dieser Regelmäßigkeit und Intensität nur die Familie seiner Mutter betreffen?
Wir begleiten Alex auf seiner Spurensuche. Akribisch und getrieben von dem Wunsch, Klarheit zu erhalten bzw. seine Frau und Kinder nicht weiterhin durch seine unterschwellige Wut zu verängstigen und seine Ehe zu retten, stürzt er sich auf den Nachlass seines Großvaters Sven Stolpe, der in Schweden als bekannter Autor, Kritiker, Übersetzter und Journalist in der Öffentlichkeit stand. Er beginnt, dessen Romane zu lesen, entdeckt thematische Gemeinsamkeiten und stößt bei seinen Recherchen auf einen weiteren Namen: Olof Lagercrantz, ebenfalls Schriftsteller und erklärter Erzfeind seines Großvaters. Nach und nach verdichten sich die Hinweise auf eine Liebe zwischen Karin Stolpe und Olof Lagercrantz mit weitreichenden Folgen auch für die Nachkommen von Sven und Karin. Alex Entdeckungen sind ungeheuerlich, lassen das Blut in den Adern gefrieren, machen wütend und traurig. Gekonnt verschränkt Schulman die Gegenwart mit Szenen aus seiner eigenen Kindheit in den 1980er Jahren und der Geschichte seiner Großeltern Karin und Sven Stolpe bzw. Olof Lagercrantz.
Beim Lesen dieses autobiographischen Romans geriet ich in einen starken Lesesog, in ein Wechselbad der Gefühle. Die erzählte Geschichte ist berührend, erschütternd, beklemmend, voller Spannungsmomente, tief traurig, drastisch und erbarmungslos. Sie besticht darüber hinaus durch das Reflexionsvermögen des Autors, der zu verstehen sucht, ohne anzuklagen. Alex Schulman zeigt einmal mehr sein literarisches Können bei der Verarbeitung autobiographischer Inhalte. Klare Leseempfehlung!