Kontrollverlust

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
clara_fall Avatar

Von

In einer schwülen Sommernacht wird auf einer Münchner Baustelle ein junger Mann erschossen. Wenige Zeugen mit eingeschränkten Möglichkeiten machen es Dühnfort schwer, die Hintergründe dieser schrecklichen Tat schnell zu ermitteln. Eine nähere Beleuchtung des Familien- und Freundeskreises erzeugt mehr Fragen als sie Klarheit in die Aufklärung bringt: eine Spur führt in die Drogenszene, deckt familiäre Zerrüttung auf und bringt die Ermittler zum scheinbar geklärten Selbstmord einer Freundin des Mordopfers zurück.
Die endlose Hitze über der Stadt, eine neue Kollegin in Gestalt einer kühlen Blonden, Ginas Frust über ungeklärte Altfälle und sein eigener aufgeblähter Fall - all das sind neue Herausforderungen für Dühnfort, denen er sich mit gewohnter Gelassenheit stellt. Während die Geschehnisse einen rasanten Verlauf nehmen, ragt seine Figur durch Beständigkeit und Ruhe heraus. Seine gefestigte Beziehung zu Gina erscheint ihm mehr und mehr wie ein Wunder und gibt ihm Kraft für den Alltag.
Zum Fall selbst kann man nur wenig sagen, um nicht zu viel zu verraten. Das Geschehen ist sehr dicht gestaltet, man liest oft atemlos. Im letzten Drittel des Buches wird es fast zu viel, schon fast an der Grenze zur Unglaubwürdigkeit. Manche Schritte werden von den Ermittlern vergessen, zwangsläufig ergibt sich dieses unerwartete Ende. Die Autorin setzt voraus, dass der Leser dieses fehlerhafte Handeln des Teams über- oder nachsieht, nur so kann man mit dem Ergebnis glücklich werden. ;-) Dagegen kommt die Darstellung der schuldigen Personen sehr bildhaft und glaubwürdig herüber. Cybermobbing ist ein Thema, nicht nur unter Jugendlichen, ebenso wie Extasy und der Kontrollwahnsinn in der Familie oder im Freundeskreis.
Inge Löhnig hat sich in diesem Fall ein weites Feld vorgenommen und es ist ihr auch überwiegend sehr gut gelungen, dies alles zu einem schlüssigen Fall zu vereinen.
Beim Cover vermisse ich dieses Mal den Wiedererkennungswert der bisherigen Dühnfort-Bücher. Die Abbildung vermittelt zwar den Eindruck eines heißen Sommertages auf dem Land, aber wo ist das typische Merkmal, das den gewohnten Dühnfort-"Experten" sofort danach greifen lässt?