Anders gut

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Die Psychiaterin Alma Liebekind sieht während eines eigenen Krankenhausaufenthaltes, wie nachts eine schwangere Migrantin in einem Lieferwagen in die Klinik gebracht wird, doch die Mitarbeiter scheinen nichts davon zu wissen. Als dann auch noch diese Migrantin in einem Flüchtlingsheim von ihrem Bruder, angeblich als Ehrenmord, umgebracht worden sein soll, beginnt Alma, gemeinsam mit ihrer tatkräftigen Mutter, zu ermitteln.

"Verkauft" ist bereits der vierte Krimi um die patente Psychiaterin Dr. Alma Liebekind, und es ist nicht nötig, die vorhergehenden Bücher zu kennen; alle wichtigen Figuren sind anfangs des Buches kurz vorgestellt, so dass der Leser nicht fremdeln muss.

Der Schreibstil von Constanze Dennig ist sehr eigenwillig, worauf ich mich zunächst erst einmal einlassen musste. Dies liegt keinesfalls an den überaus zahlreichen typisch österreichischen Ausdrücken, den Jiddischen Worten oder den lateinischen Ausdrücken, denn diese werden in Fußnoten übersetzt. Nein, die Sätze sind kurz und knapp und Handlungen werden teilweise sehr sprunghaft erzählt. So hatte ich zwar keine Verständnisprobleme, musste mich aber erst an den ungewöhnlichen Stil anpassen.

Die Figuren sind überaus liebevoll beschrieben, erscheinen mir aber auch recht klischeehaft. Vor allem mit dem jugendlichen Lover Michael, genannt Michelangelo, der eigentlich ein fauler, choatischer Lebenskünstler ist, der sich von Alma aushalten lässt, die aufgrund seiner sexuellen Qualitäten sein fragwürdiges Verhalten aber duldet und die über Achtzigjährige Mutter, die trotz ihres Alters immer noch die Praxis von Alma "schmeißt" und sehr aktive Ermittlungen durchführt, verhalfen mir doch das eine oder andere Mal zu einem großen Fragezeichen.

Spannung kommt bereits auf den ersten Seiten auf, als Alma ihre Entdeckung macht - und wird auch bis zum Ende des Buches aufrecht gehalten, bis der Fall einigermaßen plötzlich aufgelöst wird. Hier wurde mir die Dramatik der Handlung zu kurz und einfach abgehakt. Dass dabei manchmal etwas mehr Drumherum erzählt wird (wie zum Beispiel das Liebesleben der Freundinnen Alma und Erika) und die Ermittlungen meist nur kurz abgehakt werden, empfand ich insgesamt jedoch nicht schlimm.

Positiv zu bemerken ist, dass Constanze Dennig aktuelle Themen und Fragestellungen in ihrem Buch behandelt, wie Migranten, Flüchtlingsheime, Engagement, Alleinerziehende, Genforschung, Leimutterschaften, Scharia, Ehrenmorde.... DIese regen den Leser durchaus zum Nachden an.

Die Autorin nimmt ihre Leser*innen mit auf eine Reise nach Wien und sie beschreibt viele Wiener Orte und gibt auch ein paar nette Gastronomietipps in ihrer Handlung ("Der goldene Drachen" als erstes chinesisches Restaurant usw.); auch Straßennamen oder Viertel werden häufig genannt.

Dass Constanze Dennig selbst Psychiaterin ist, ist durchaus auffallend; immer wieder ist zu erkennen, dass sie sich mit den Themen auskennt und auch gerne Fachbegriffe einfließen lässt (die ebenfalls in den Fußnoten übersetzt sind).

Für mich war "Verkauft" ein außergewöhnliches Buch, das mir durchaus Lesevergnügen bereitet hat, und ich kann es durchaus weiterempfehlen an alle Leser, die auch gerne einmal einen Krimi jenseits des Mainstreamings lesen mögen.