Fesselnd und spannend - ein gelungenes Debüt

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linus63 Avatar

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„Verletzung“ ist eines der wenigen Bücher, das ich nicht mehr aus der Hand legen wollte, nachdem ich einmal angefangen hatte zu lesen, und ich innerhalb von 24 Stunden beendete. Ab der ersten Seite zieht mich Manuela Obermeiers anschaulicher und erfrischender Schreibstil in die 440 Seiten starke Geschichte hinein, setzt mein Kopfkino in Gang und lässt mich am Geschehen teilhaben.

Schon nach wenigen Seiten wird dem Leser das Besondere dieser Handlung klar, die gleich zwei Verbrechen in einer sehr interessanten Konstellation beinhaltet, und dieses Buch damit klar aus der Masse der auf dem Markt befindlichen Kriminalromane heraushebt. Die Verbindung dieser beiden Verbrechen ist die Protagonistin Toni, zum einen die toughe Hauptkommissarin auf der Jagd nach einem perfiden Verbrecher, die dabei gerne Vorschriften missachtet und sich über Konventionen hinwegsetzt, zum anderen im Privaten die verletzliche Frau, Opfer von häuslicher Gewalt und Stalking, die nicht den Mut findet, die an ihr begangenen Verbrechen anzuzeigen. Dadurch rücken direkt zu Beginn zwei sehr unterschiedliche Charakterzüge von Toni in den Fokus, wodurch sie vielschichtig, sympathisch, und auch greifbar wird.

Die Handlung ist fesselnd und spannend, und wirkt ebenso wie die Protagonisten sehr authentisch, was sicherlich mit an der langjährigen Erfahrung der Autorin als Polizeihauptkommissarin liegt. Sie wechselt in unregelmäßigen Abständen zwischen detailliert und anschaulich beschriebener, harter Ermittlungsarbeit während Tonis Arbeitszeit, und Momenten nicht direkt greifbarer Bedrohung durch den Stalker, die hauptsächlich durch Tonis Vorgeschichte, ihre Ahnungen, Erwartungen und die herrschende Atmosphäre erzeugt werden. So sind die beiden sehr unterschiedlichen Handlungsstränge durchgehend präsent und verleihen der Geschichte ein flottes Tempo. Immer wieder eingestreute, lustige verbale Schlagabtausche zwischen den Kollegen sorgen für amüsante Momente und lockern das Geschehen ebenso auf, wie ein wenig Prickeln zwischen Toni und dem neuen Pathologen.

Unerwartete, aber für mein Empfinden auch etwas konstruierte Wendungen steigern zum Ende hin nochmals Tempo und Spannung, obwohl sich der Täter recht früh abzeichnet. Das führt natürlich auch bei Toni durch ihre Doppelbelastung zu erhöhtem Druck, wodurch sie sich zu Reaktionen hinreißen lässt, die zwar einerseits ihre nervliche Belastung sehr gut und anschaulich zum Ausdruck bringt, andererseits aber die Handlung etwas in das Klischee "unkonventioneller Ermittler mit disziplinarischen Konsequenzen" abdriften lässt, was ich etwas schade finde. Das Buch endet schlüssig und mit Antworten auf noch offene Fragen zum abgeschlossenen Fall. Gleichzeitig unternimmt Toni den ersten Schritt gegen ihren Stalker, was mir als Entwicklung der Protagonistin sehr gut gefällt und gleichzeitig Vorfreude auf den nächsten Band dieser Krimiserie weckt.

Knappe fünf Sterne für ein äußerst fesselndes, spannendes und flottes Debüt, das mich einige Stunden sehr gut unterhalten hat.