Gelungene Fortsetzung der gemächlich, düster-atmosphärischen Krimireihe aus Island

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
antjemue Avatar

Von

Es ist bei mir bereits häufiger vorgekommen, dass ich Krimi- oder Thrillerreihen nicht in der erschienenen Reihenfolge las und in diese mit einem späteren Teil einstieg. Auch auf die Reihe der isländischen Autorin Eva Björg Ægisdóttir um das Ermittlerteam Elma und Sævar wurde ich erst aufmerksam, als bei NetGalley der zweite Teil als Rezensionsexemplar angeboten wurde.

Gewohnheitsmäßig schaute ich danach bei Amazon, ob ich zum Vorgänger bereits eine Leseprobe finden kann und freute mich, dass sogar das gesamte ebook „Verschwiegen“ in meiner Kindle Unlimited Mitgliedschaft inkludiert war und fing damit an. Noch bevor ich dieses ausgelesen hatte, fragte ich ein Rezensionsexemplar zu „Verlogen“ an, freute mich riesig, dass ich es kurze Zeit später auf meinen Kindle laden konnte und las es unmittelbar nach dem Beenden des ersten Teils.

15 Jahre zuvor: Eine junge Mutter ist auf der Entbindungsstation verzweifelt, weil sie für ihre Tochter absolut nichts empfinden kann. Sie kümmert sich um das Kind zwar so gut sie kann. Das Verhältnis der Beiden ist dennoch meilenweit von einer normalen Mutter-Tochter-Beziehung entfernt.

Spätherbst in der Gegenwart: Beim Grábrók-Krater in Westisland werden in einer Höhle im Lavafeld die sterblichen Überreste einer Frau entdeckt. Schnell stellt sich heraus, dass es sich dabei um die seit 7 Monaten vermisste Maríanna handelt, eine alleinerziehende Mutter, von der die Polizei damals annahm, dass sie Selbstmord beging.

Nun stellt sich heraus, dass die Frau definitiv ermordet wurde und das Team der Kriminalpolizei, bestehend aus Elma, Sævar und ihrem Vorgesetzen Hörður, müssen den Fall komplett neu aufrollen.
Maríannas 15-jährige Tochter Hekla wohnt inzwischen bei der Pflegefamilie, die sie teilweise bereits als Kleinkind betreute und bei der sie sich deutlich wohler fühlt, als es bei ihrer Mutter jemals der Fall war. Haben dieses junge Mädchen und/ oder ihre Pflegefamilie gar etwas mit dem Mord an der leiblichen Mutter zu tun?

Im Gegensatz zum Vorgänger, hatte ich bei „Verlogen“ überhaupt keine Probleme beim Einlesen in die Geschichte. An das eher gemächliche Tempo war ich ja bereits gewöhnt, das Ermittlerteam war mir bekannt und inzwischen kam ich auch mit den im Original belassenen isländischen Namen problemlos zurecht. Diesmal dauerte es auch nicht so lange, bis die Tote, von der im Klappentext die Rede war, gefunden wurde und die bereits im ersten Teil als so unterhaltsam empfundene düster-atmosphärische Grundspannung stellte sich somit nahezu sofort bei mir ein und blieb letztendlich auch wieder bis zum Ende des Buches erhalten. Längen empfand ich während der gesamten Lesezeit nicht.

Wieder ist die Geschichte in zwei Handlungsstränge unterteilt. Während die Handlung in der Gegenwart erneut in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven erzählt wird, wählte die Autorin für die Vergangenheit diesmal die erste Person (Ich-Form) und berichtete aus Sicht einer Frau, die dabei jedoch trotzdem lange Zeit anonym blieb. Bereits damit lockte mich die Autorin einen guten Teil meiner Lesezeit auf gleich mehrere falsche Fährten. Zu meiner ersten Vermutung passten relativ schnell zu viele in der Gegenwart von den Ermittlern aufgedeckte und von mir als erschreckend empfundene Details nicht mehr, aber auch mit anderen, dann in meinem Kopf kreisenden „Verdächtigen“, lag ich komplett daneben.

Die Handlung in der Gegenwart war ebenfalls wieder eine gelungene Mischung aus realistisch wirkender Ermittlungsarbeit, Episoden aus dem Leben möglicher Verdächtiger und dem Privatleben der Ermittler. Letztere waren mir bereits im Vorgänger ans Herz gewachsen und ich mag sie immer noch gern, obwohl sich auch deren Leben erst einmal anders entwickelt, als ich es am Ende des ersten Teiles dachte. Das Einzige was mich auch diesmal wieder an der Geschichte ein wenig stört ist, dass ich als Leser zwar gänzlich über alles was mit dem Mord zusammenhängt aufgeklärt werde, der verlogene Täter jedoch nur mit einem blauen Auge davonkommt.

Trotzdem hat mir auch dieses Buch wieder so gut gefallen, dass ich die Reihe weiterverfolgen werde und mich schon jetzt auf das Erscheinen des dritten Teils „Verborgen“ im Februar 2024 freue. Da sich in den Büchern aber wirklich sehr viel auch um die Entwicklung des Privatlebens der Ermittler dreht, rate ich interessierten Neueinsteigern, diese Reihe tatsächlich mit dem ersten Teil zu beginnen.