Sommer, Sonne und Verbrechen in Magaluf

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Irgendwie hatte ich bei diesem Klappentext zunächst immer an die verschwundene Maddie gedacht, obwohl Maddie in Portugal verschwunden ist und nicht auf Mallorca. Und Emme, die verschollene Protagonistin, war ja auch schon sechzehn Jahre alt zum Zeitpunkt ihres Verschwindens.

Beim Schreibstil des Romans fühlte ich mich an Don Winslow erinnert: kurz und knapp, meistens im Präsenz und nur das Nötigste, das aber ungebremst. Auf die Gefühle des Lesers wird keine Rücksicht genommen und möglicherweise macht gerade das den Reiz aus. Die Perspektiven wechseln zwischen „ICH“ und der dritten Person Singular. Perfekt gemacht!

Die dunklen Wolken auf dem Cover verkünden schon das Unheil, das hier passieren wird. Obwohl sich Palmas Kathedrale so schön und unschuldig im Meer spiegelt, als wäre alles in der allerbesten Ordnung.

Mons Kallentoft, der Schwede, der auf Mallorca weilt, der diese atemberaubende, vielschichtige Insel auf sich wirken ließ und immer noch lässt und dabei einen Krimi schrieb: Das klingt wahrlich verführerisch und ich wurde nicht enttäuscht.

Alles wirkt so unglaublich realistisch. Denn auch auf Mallorca, auf dieser Insel, wo auch wir mal anderthalb Jahre gelebt haben, leistet offensichtlich der Deep State ganze Arbeit, hat alles im Griff, und das halte ich nicht für die reinste Fantasie des Autors. Alle – fast alle Protagonisten – in diesem Roman – sind korrupt. Alle Vorkommnisse hängen miteinander zusammen, sind verflochten, wie vorm Tourismusboom die Fischernetze.

Die unablässige Suche nach Emme, der so heiß geliebten, verschwundenen Tochter, zieht sich durch den Roman wie ein roter Faden. Tim Blanck, ihr Vater, hat sein ganzes Leben zugunsten der Suche umgekrempelt, lebt jetzt als Detektiv auf Mallorca, seine Ehe ging in die Brüche, wie die meisten Ehen in die Brüche gehen, wenn ein Kind verschwindet.

Seite 328: „Sie (die von Tim beobachtete Frau des Millionärs) starrte ins Nichts. Er (Tim) starrte sie an. Er schaute sie viel zu lange an, das ist ihm jetzt klar. Ein Blick darf nicht zu lange auf gewissen Dingen verweilen, sonst weiß er zum Schluss nicht mehr, was er sieht.“

Seite 348: „Ich finde, das war richtig, dass Sie sie haben fahren lassen. (Dieses Zitat bezieht sich auf die elterliche Erlaubnis für Emme, mit ihren Freundinnen allein nach Mallorca fliegen zu dürfen.) Die Welt soll man kennenlernen, wenn man jung ist. So ist es nun einmal. Auch wenn es nicht alle schaffen.“

Seite 351: „Es scheint, als werde alles, was passiert ist, was passiert, in ein schwarzes Loch gesogen, in dem die Zeit gesammelt wird und alles gleichzeitig geschehen kann und dann vielleicht deutlich wird.“ (Tim beim Recherchieren im Zeitungsarchiv des Diario de Mallorca – gibt es wirklich!)

Seite 362: „Der ewige Schatten. Das hier ist die beste aller Welten und gleichzeitig die schlechteste, und ich weiß selbst, zu welcher der beiden ich gehöre.“ (Tim denkt nach, was er bis jetzt erreicht hat.)

Seite 378: „[…] man kann nie wissen, ob das stimmt, was man hört oder sieht oder warum jemand das tut, was er tut.“ (Tim stellt Fragen über Fragen und zweifelt, ob er dem Befragten vertrauen kann.

Fazit – Schattenstaat auf Spanisch: Dieser Story kann man sich wirklich unmöglich entziehen, diese Qualität hatte ich bei Weitem nicht erwartet. Ein dickes fünffaches Wow!