Genial!

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
pink Avatar

Von

Da ich schon den Roman „Drei“ von Dror Mishani mit Begeisterung gelesen habe, war ich sehr gespannt auf seinen neuen Roman „Vertrauen“ und bin ebenso begeistert! Das Cover finde ich schlicht und dennoch interessant und der Titel ist passend: Vertrauen.
Wem und was kann man vertrauen, was ist wahr, was ist gelogen, und vor allem: vertraue ich meiner eigenen Intuition und Stärke?

Der Ermittler Avi Avraham hat nach der Lektüre von Wallanders letztem Fall das Gefühl, er müsse mehr Sinn in sein bisheriges Ermittlerdasein bringen und will sich versetzen lassen, mehr seinen Traum verwirklichen, Leben zu retten und das Böse zu bekämpfen.

Aber da sind erst mal zwei aktuelle Fälle, an einem Tag ein verschwundener Tourist und ein ausgesetztes Baby. Es sind zwei Erzählstränge , die nebeneinander erzählt werden und doch auch streckenweise zusammenkommen.

Der Tourist also, vermeintlich Schweizer, es stellt sich bald heraus, dass er Franzose gewesen ist, ist nicht mehr in sein Hotel zurück gekehrt, seine Koffer haben zwei Männer abgeholt, die sich als Verwandte ausgegeben haben, und sie haben auch die Rechnung bezahlt. Das erweckt schon den detektivischen Eifer von Avi, und bevor es wirklich ein Fall ist, ermittelt er schon, zumal der verschwundene Chouchani auffallende Spuren hinterlassen hat.
Es wird später auch seine Leiche gefunden und Avi geht allen Spuren nach, nimmt Kontakt mit der Tochter des Toten in Paris auf, die sogar den Mossad ins Spiel bringt.

Im zweiten Handlungsstrang, wo es um das ausgesetzte, zu früh geborene Baby geht, das ins Krankenhaus gekommen ist und aufgepäppelt wird, ermittelt Avis Kollegin Esthi Wahabe. Schnell wird diejenige über eine Überwachungskamera identifiziert, die die Tasche mit dem Baby am Krankenhaus abgestellt hat. Liora Talias ist darauf vorbereitet und sich sicher, die Kontrolle zu behalten. Sie tischt der Polizei aber in jedem Verhör neue Versionen auf und der Leser merkt schnell, dass sie etwas zu verbergen hat und dass auch ihre Tochter Danielle, die sich in Paris aufhält, involviert ist.

Und hier in Paris kann Avi die Fälle verknüpfen und hier wird auch ersichtlich, dass seine Nachforschungen zu Chouchani nicht ungefährlich sind.

Vielschichtige Charaktere und eine ruhige, literarische Schreibweise machen mit der Thematik Vertrauen die Komplexität des Romans aus, der immer wieder Überraschungen bereit hält und die subtile Spannung ausmacht, die mehr und mehr im Verlauf des Romans und besonders im letzten Drittel an Fahrt aufnimmt.

Man braucht angesichts der ruhigen Schreibweise, die auf Thrillereffekte und Gewaltbeschreibungen verzichtet, ein bisschen Geduld, bevor man völlig gefangen ist, aber es lohnt sich! Ein genial konstruierter und sehr dichter Roman, den ich unbedingt empfehlen kann!