Kampf gegen Windmühlen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
dany_87 Avatar

Von

„Vertrauen“ heißt der vierte Kriminalroman des israelischen Autors Dror Mishani und seines Ermittlers Avi Avraham aus Cholon. Das Buch umfasst 352 Seiten und wurde von Markus Lemke aus dem hebräischen ins Deutsche übersetzt und im Diogenes Verlag veröffentlicht.

Zu Beginn des Romans zweifelt Avi an der Sinnhaftigkeit seines Berufs als einfacher Kriminalermittler und wünscht sich eine neue, bedeutendere berufliche Herausforderung. Zudem leidet er unter dem Tod seiner ehemaligen Vorgesetzten und ihrer Zurückweisung in den Monaten vor ihrem Ableben.
In dem Roman sind Avi und sein Team mit der Lösung zweier Kriminalfälle betraut. Zum einen wurde im örtlichen Krankenhaus ein Säugling ausgesetzt und zum anderen verschwindet ein Tourist spurlos.

Während es sich bei dem einen Fall eher um eine familiäre Problematik handelt, führt der andere Fall den Ermittler ins organisierte Verbrechen und Indizien sprechen sogar für eine Einmischung des Mossads.

Der Kriminalroman besticht durch seine Sprache und Atmosphäre. Er kommt ohne wilde Verfolgungsjagden, Blutbädern und ähnliches aus. Dem Autor gelingt es, die beteiligten Figuren sehr anschaulich und nahbar darzustellen. Besonders mochte ich die Vielschichtigkeit der Figuren und das es kein klassisches schwarz-weiß Denken gibt.
Die Atmosphäre von Tel Aviv und das Leben in einer sehr religiösen Kultur mit verschiedenen Glaubensrichtungen hatte einen starken Schwerpunkt und wurden gut in die Handlung eingebunden.

Das Buch hatte für mich zwei Schwächen. Zum einen wurden Gedanken / Gespräche für meinen Geschmack zu oft wiederholt und in die Geschichte eingebunden und auch ausgedehnte Verhörphasen führten dazu, dass das Buch seine Längen hatte.
Zum anderen wurde viel zu oft angedeutet, dass die beiden Fälle miteinander verwoben seien und erst rückblickend betrachtet Zusammenhänge erkennbar wurden. Die tatsächliche Auflösung jedoch war für mich unbefriedigend und hat durch die Andeutungen komplett gegenläufige Erwartungen hervorgerufen.

Das Buch ist insbesondere für Leser geeignet, die eher ruhigere Kriminalromane mit Ermittlungsarbeit ohne Pageturner-Effekte mögen oder sich für das Leben in Israel und sozialkritische Themen interessieren.