Schlecht kaschierte Einfallslosigkeit

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r.e.r. Avatar

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Vor acht Jahren hatte David Hunter es mit einem außergewöhnlichen Fall zu tun. Der forensische Antrophologe wurde nach Dartmoor gerufen. Ein brutaler Killer hatte dort vier junge Mädchen vergewaltigt, umgebracht und schließlich im Moor vergraben. Jerome Monk, der mutmaßliche Täter wurde zwar gefasst, verriet aber nicht wo er die Leichen verscharrt hatte. David Hunter war seinerzeit an der Suche beteiligt, die allerdings erfolglos blieb. Die jungen Frauen wurden nie gefunden. Jetzt ist Monk aus dem Gefängnis geflohen und scheint sich an allen rächen zu wollen, die an der damaligen Ermittlung beteiligt waren. Und David scheint auch auf seiner Liste zu stehen.

 

Wie immer versteht es Simon Beckett sachliche Informationen zum menschlichen Verwesungsprozess mit Elementen eines klassischen Krimis zu verbinden. Allerdings steht die oft recht unappetitliche Arbeit seines Serienhelden in diesem Band der Reihe nicht im Vordergrund. Es geht eher um die Aufarbeitung seiner Vergangenheit. Kurz nach der Suche im Dartmoor hatte er bei einem Autounfall Frau und Tochter verloren. Als er nun seine alten Unterlagen über den Fall wieder herauskramt, kommen viele verdrängte Erinnerungen wieder ans Licht, wenn er zum Beispiel auf einem alten Aktenblatt noch einen Joghurtfleck seiner Tochter findet.

 

Die Geschichte wirkt dennoch an vielen Stellen konstruiert. David wird von der ehemaligen Polizeipsychologin Sophie um Hilfe gebeten. Die beiden sind sich nur einmal bei der Suche nach den Leichen begegnet. Als Sophie von der Flucht Monks erfährt, ist dennoch David der erste den sie benachrichtigt und um Hilfe bittet. Und David spurtet auch sofort die über dreihundert Kilometer von London nach Dartmoor, trotz Verkehrswarnung und Überarbeitung um sich mit ihr zu unterhalten. Das glaubt man sofort!

 

Das sich “Verwesung” dennoch in einem Rutsch herunterlesen lässt liegt daran, dass man Sprache und Handlung leicht folgen kann. Die Mischung stellt zudem einen ziemlich guten Krimi Cocktail dar. Der düstere Hintergrund von Dartmoor, der mysteriöse Mord an den vier jungen Frauen, ein Killer der wie eine künstliche Kreatur à la Frankenstein wirkt und ein Gentleman Ermittler, der immer geduldig, freundlich und einfach perfekt zu sein scheint.

 

Etwas ermüdend sind die Längen in der Erzählung. David’s Verhalten ist rational nicht erklärba. Als er Sophie besucht, ist diese gerade überfallen worden. Statt sie im Krankenhaus zu lassen, wo sie versorgt und sicher ist, bringt er sie auf ihren Wunsch wieder nach Hause in ein verlassenes Nest am Rande des Moores. Aus edlem Gemüt und ohne Hintergedanken, bleibt er gleich noch dort um sie zu beschützen. Sich und sie einem Massenmörder quasi auf dem Silbertablett präsentierend. Dafür plagt er den Leser dann aber Seitenlang mit seinen Gewissenskonflikten. Man hat schon den Eindruck, dass die Handlung hier irgendwie passend gemacht werden musste und der Autor in Erklärungsnot gerät, die er mit der Unvernunft seiner Hauptfigur begründet. Das ist schlecht kaschierte Einfallslosigkeit.

 

Dazu kommt, dass die Lösung des Falles absehbar ist. Man ahnt schon auf den ersten Seiten das der allzu offensichtliche Bösewicht, vielleicht gar nicht so Böse ist und das irgendwo noch ein dunkles Geheimnis lauert, dass einen anderen Schurken ans Licht bringen wird. Dieses zu erkunden liest man das Buch dann auch zu Ende. Und weil einem David Hunter in mittlerweile vier Bänden einfach ans Herz gewachsen ist.