Frau Gnadenlos drückt nicht auf MUTE

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"Ronnie ist ein Reflexwort für Oh Gott, Schlägerei, Polizei, Sitzungen, Gespräche, Frust und Ärger, Ärger, Ärger." So denkt Frau Freitag im Prolog, als am ersten Schultag mit ihrer neuen siebten Klasse der ehemalige Schüler auftaucht und sie besuchen will. Am Ende des vormittages stellt sich heraus, das "Ronnie ein richtig guter Bürger geworden ist" und das vor einem Jahr noch nicht abzusehen war. Mit diesem Satz leitet Frau Freitag uns über in dieses letzte Jahr mit ihrer zehnten Klasse. Tröstlich ist, das wir von Beginn an wissen, dass es zumindest für einen Delinquenten gut ausgegangen ist. Und für den Rest hofft man, während man sich schmunzelnd durch die Seiten treiben lässt.

Frau Freitag ist eine jener seltenen Lehrerinnen, die Motivation mit Kreativität, Engagement mit Eigeninitiative und Strenge mit Verständnis kombinieren. Das alles mit einer gehörigen Portion Humor und Fatalismus. Eine großartige Kombination, nicht nur für den Leser. Sondern vor allem für die Jugendlichen, die sich sicher sein können, dass am Lehrerpult jemand steht, dem ihr Schicksa1 nicht gleichgültig ist. Auch wenn das heißt bereits nach zwei Schulstunden "schwitzende Kniekehlen" zu haben und nach dem ersten Schultag wieder urlaubsreif zu sein.

Frau Freitag hat Ideen, kennt ihre Schüler und versucht stets aufs Neue Ihnen etwas beizubringen und wenn es nur 100 Wörter auf Englisch zum eigenen Leben sind. "Dir fallen keine 100 Wörter zu deinem Leben ein?" Es wird spannend sein zu Lesen was Samira, Bilal, Amid und all die anderen am Ende der 288 Seiten zu Ihrem Leben zu sagen haben, bzw. was sie im Verlauf ihres letzten Schuljahres daraus gemacht haben. Ein wortreiches Lesevergnügen (mit vielen interessanten Redewendungen, die Eltern pubertierender Schüler kennen, was den humorigen Eindruck durch Wiedererkennungswert steigert) mit Zusatzeffekt: Verständnis für "die Jugend von heute"!