Lieber als Blog

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"Ronnie ist ein Reflexwort für Oh Gott, Schlägerei, Polizei, Sitzungen, Gespräche, Frust und Ärger, Ärger, Ärger." So denkt Frau Freitag im Prolog, als am ersten Schultag mit ihrer neuen siebten Klasse der ehemalige Schüler auftaucht und sie besuchen will. Am Ende des Vormittages stellt sich heraus, das "Ronnie ein richtig guter Bürger geworden ist" und das dies vor einem Jahr noch nicht abzusehen war. Mit diesem Satz leitet Frau Freitag über in dieses letzte Jahr mit ihrer alten zehnten Klasse. Tröstlich ist, das man von Beginn an weiß, dass es zumindest für einen Delinquenten gut ausgeht. Und für den Rest hofft man, während man sich schmunzelnd, teilweise aber auch gelangweilt, durch die Seiten treiben lässt.

 

Frau Freitag ist eine jener seltenen Lehrerinnen, die Motivation mit Kreativität, Engagement mit Eigeninitiative und Strenge mit Verständnis kombinieren und das alles mit einer gehörigen Portion Humor und Fatalismus garnieren. Eine großartige Kombination für die ihr anvertrauten Jugendlichen, die sich sicher sein können, dass am Lehrerpult jemand steht, dem ihr Schicksal nicht gleichgültig ist, auch wenn sie selbe, zumindest vordergründig, weniger als Desinteresse dafür aufbringen. Die resolute, manchmal selber „etwas verpeilte“, Pädagogin nimmt dafür in Kauf bereits nach zwei Schulstunden "schwitzende Kniekehlen" zu haben, nach dem ersten Schultag wieder urlaubsreif zu sein und am Ende noch nicht einmal ein Abschiedsgeschenk zu erhalten.

 

Die Geschichten aus dem Alltag einer Gesamtschule in einer nicht näher definierten deutschen Großstadt sind sozusagen ein „Best of“ des Blogs „Na, wie war‘s in der Schule“ den die Autorin unter ihrem Alias Namen Frau Freitag seit 2009 online stellt. Den Blog (den ich erst nach der Lektüre des Buches angeschaut habe) fand ich sehr gut. Interessant, witzig, kurzweilig. Das Buch dagegen hat mich nicht begeistert. Es ist oft nur bedingt lustig, da es den kurzen Szenen an Pointen mangelt, die sich im Internet aus dem Zusammenhang ergeben. Überdies finde ich die gedruckte Version unnötig, denn mehr als den Blog braucht es doch im Grunde nicht.