Voll überflüssig, Frau Freitag

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Dies ist bereits der zweite Band von Frau Freitag. Ich kenne ihr erstes Werk nicht, aber die Leseprobe für das vorliegende Buch fand ich eigentlich recht amüsant. Frau Freitag ist Lehrerin an einer Gesamtschule, und „betreut“ eine multikulturelle, zehnte Klasse. Einige der Schüler(innen) haben vor, die Prüfung für die mittlere Reife zu machen, aber bereits bei der Anmeldung tauchen ungeahnte Probleme auf. Viele sollen nach dem Schuljahr ins Berufsleben starten, aber dafür müssten sie sich erst einmal bewerben. Frau Freitag verzweifelt regelmäßig an der Vergesslichkeit ihrer Schüler und an deren Vorliebe, öfter mal ein Stündchen zu schwänzen. Viele Angelengenheiten versucht sie, über das liebste Medium ihrer bunten Schar zu regeln, denn wenn es etwas gibt, wo alle erreichbar sind, dann ist das Facebook. Manchmal kommt Frau Freitag aber auch nicht um massivere Maßnahmen herum, und dann wird schon mal ein Telefonat mit einem, in den meisten Fällen völlig ahnungslosen, Elternteil fällig. So ganz nebenbei macht sich die engagierte Lehrkraft auch jede Menge Gedanken um andere Dinge, beispielsweise um den modischen Geschmack ihrer Schülerinnen, ob sie zum Abschluss ein Geschenk von ihren Schülern erhalten wird und ähnlich banale Dinge. Zwischendurch kommen auch ernsthaftere Themen zur Sprache. Da wird über Gott und die Welt diskutiert, über Politik gesprochen, und es werden Fragen erörtert, ob man mit Kopftuch Aussichten auf einen Job hat, ob man für die Abschlussfeier einen Grill benutzen kann, auf dem schon einmal Schweinefleisch gegart wurde oder wie sich die Schüler ihre Zukunft vorstellen.

Das ganze Buch besteht aus vielen kleinen Episoden. Wenn ich das richtig verstanden habe, gibt es von Frau Freitag auch ein Blog, wo sie regelmäßig aus dem Schulalltag berichtet. So gesehen ist es plausibel, dass sich die einzelnen Kapitel wie Blogeinträge lesen.  Länger als drei oder vier Seiten am Stück konnte ich mich nicht auf das Buch konzentrieren, denn Frau Freitags Schreibstil, der sich sehr stark an einer gewissen Form der Jugendsprache orientiert, war mir zu angepasst. Die Lehrerin gibt in diesem Jargon nicht nur die Äußerungen ihrer Schüler wieder, sondern sie verfällt selbst häufig in  diese abgehackte Sprech- und Schreibweise.

Verstümmelte Sätze wie beispielsweise „Dann können wir Firma machen.“ haben mich auf Dauer doch ziemlich genervt. Irgendwie war mir die ganze Geschichte zu oberflächlich. Selbst Abschnitte, die sich mit ernsten Themen, wie beispielsweise Rassismus, oder Glaubensfragen,  beschäftigt haben, gingen nicht wirklich in die Tiefe. Viele beschriebene Situationen werden sicher der Realität entsprechen, wobei ich mich aber häufig gefragt habe, ob die erwähnten Schüler ihren Kopf auch manchmal wirklich zum Denken einsetzen oder etwa nur zu Dekorationszwecken herumtragen. Zwischendurch plaudert Frau Freitag über ihren Gesundheitszustand, jedoch bleiben ihre Beschwerden stets ungeklärt, und die Kapitel erscheinen für meinen Eindruck völlig sinnfrei. Der Humor im Buch hat etwas Gezwungenes, und ich empfand ihn als eher mäßig. Ein paar Passagen waren vielleicht für ein leichtes Grinsen gut, aber so richtig lachen konnte ich an keiner Stelle. Das Buch bietet eine nette Lektüre für zwischendurch, als Pausenfüller, aber es ist sicher auch kein großer Verlust, wenn man es nicht gelesen hat. Als Blog ist es sicher ok, aber als Buch müsste ich es nicht unbedingt haben. 

Liebe Grüße Klusi