Ein bisschen zu viel Drama

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missmarie Avatar

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"Sie ist so moralisch, dass es einem auf die Nerven gehen kann. Was sie will... zählt nicht wirklich."

Rose hält sich an Regeln, an Pläne und an Vorgaben ihrer Eltern. Moralische und gesellschaftliche Erwartungen erfüllt sie geradezu über. Sei es der Ernährungs- und Sportplan ihrer Mutter in Rose Teenagerjahren oder die Anforderungen an eine gute, vernünftige Ehe im Erwachsenenleben. Was man Rose sagt, das tut sie: Gute Noten schreiben, einen netten Jungen am College kennenlernen, Musik ein Hobby sein lassen. Nur Will passt nicht in diese geordnete, wohlorganisierte Welt. Der Bad Boy mit dubioser Vergangenheit unterhält sich eines Abends am Lagerfeuer der Highschool Party mit ihr und ist von Rose fasziniert. Sie ist so anders als alle Mädchen, die er für kurze Abenteuer abgeschleppt hat. Und Rose hört ihm zu. Deswegen verspricht er ihr, auf sie zu warten. Denn das Mädchen macht ihm schnell klar, dass für sie gerade die Noten und die Abschlussprüfungen vorgehen. Doch dann nimmt das Leben einige unerwartete Wendungen und Rose und Will scheinen sich ferner, als sie es je zuvor gewesen sind.

Vorweg möchte ich sagen, dass ich "Vom Ende der Nacht" wirklich gerne gelesen haben. Der Roman hat mich unterhalten und ich wollte unbedingt wissen, wie es mit den beiden Protagonisten weitergeht. Gut gefallen hat mir auch, dass Claire Daverley mal aus Wills, mal aus Rose Perspektive erzählt. So konnte ich beide Seiten dieser Königkinder-Geschichte gut verstehen. Dennoch konnte mich der Roman nicht vollends überzeugen, denn es war ein bisschen zu viel Drama. Gerade so, als habe ein herzschermzschwerer Teenager einen bedeutungsvollen Roman schreiben wollen und dabei ein wenig zu tief in die Dramenkiste gegriffen. Krankheit, Tod, Selbstmordversuche, Alkoholismus, sich selbst verleugnen, Überfälle ... all das findet man zwischen den Zeilen. Teilweise werden die Themen im Rahmen von Backstories nur angerissen. Hier fehlte mir der Fokus auf weniger, aber dafür stärker ausgearbeitete Figurenhintergründe.

Hinzu kommt, dass Rose zwar als literarische Figur stimmig ist, ihr Verhalten mich aber oft gedanklich zur Weißglut gebracht hat. Nie reflektiert sie sich und ihre Regelkonformität. Ihre Manien werden von den Eltern übersehen und von ihr selbst zelebriert. Eine Auseinandersetzung mit ihren Wünschen und Zielen findet selbst dann nicht statt, wenn man sie vorsichtig darauf hinweist. Und in Teilen war es für mich einfach unglaubwürdig, dass eine Siebzehnjährige den Reiz der ersten Liebe nicht austesten möchte. Insgesamt ist mir die Figur moralisch zu sehr überhöht worden ,als dass sie mir sympathisch sein konnte. Außerdem nervt mich, dass sie immer dem männlichen Bild entsprechen möchte und sich vom männlichen Blick abhängig macht. Ganz anders ist hingegen Will gezeichnet. Der entspricht zwar dem typischen Bad Boy Klischee, wird durch seine Figurenentwicklung aber immer vielschichtiger und in meinen Augen interessanter.

Wer eine Sommerlektüre voller Herzschmerz und Drama sucht, ist hier gut aufgehoben. Rose Figurengestaltung muss man da wohl einfach hinnehmen. Ebenso wie den eher einfach gehaltenen Sprachstil.