Eine starke Frau

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gabriele 60 Avatar

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Als ich den Namen Jeannette Walls las wusste ich: Dieses Buch will ich lesen! Ihr Erstlingswerk „Schloss aus Glas“ hat mir seinerzeit so gut gefallen, dass ich mich an den autobiografischen Inhalt noch heute erinnern kann. Nun hat die US-amerikanische Journalistin und Schriftstellerin also ihren vierten Roman herausgebracht. Ein Werk, das sich sehr gut lesen lässt. Trotz der vielen Sterbefälle sprüht es nur so von Lebensfreude.

Sallie will das schnellste Mädchen der Welt werden. Ihr Vater, von allen nur „der Duke“ genannt, unterstützt sie darin. Bis ein Unfall geschieht und er sie auf Geheiß der Stiefmutter wegschickt. Schnell wird klar, dass alle nach seiner Pfeife tanzen, er keinen Widerspruch gelten lässt. Die Ich-Erzählerin Sallie kommt ganz nach ihm und führt nach seinem Tod das Familienunternehmen ganz in seinem Sinn weiter.
Es wird viel gestorben in diesem Buch, doch das Schicksal zeigt sich auch von seiner guten Seite. Sallie entpuppt sich als echte Kincaid. Als geborene Führungspersönlichkeit setzt sie sich vehement für die von ihr abhängigen Menschen ein. In ihren Augen werden im Claiborne County Gesetze nicht gebrochen (es geht um die Prohibition), zum Überleben braucht es eben nur andere Gesetze.
Auch wenn viele Menschen in ihrer Umgebung meinen, ihr Leben wäre einfacher, wenn sie verheiratet wäre, wehrt sich die selbstbewusste junge Frau gegen die Ehe. Zu sehr ist sie von den schwierigen Verhältnissen in ihrer Familie geprägt: „Wie Knöpfe, die zwar nicht zusammenpassen, aber die Bluse geschlossen halten“ (Seite 416).

Jeanette Walls wurde am 21.April 1960 in Arizona geboren. Nach ihrem Studium arbeitete sie zwanzig Jahre lang als Journalistin in New York City und Long Island. Sie schrieb Gesellschaftskolumnen und moderierte dreimal wöchentlich eine Live-Sendung im Morgenfernsehen. Seit 2007 arbeitet sie hauptberuflich als Autorin, nachdem sie mit ihrem Erstlingswerk „Schloss aus Glas“, der 2017 verfilmt wurde, international bekannt geworden war. Heute lebt sie mit ihrem Mann in Virginia.

Der vorliegende Roman ist einer eingänglichen Sprache geschrieben. Die 56 Kapitel in fünf Teilen wurden von realen Personen und Ereignissen inspiriert. Als Leser bekommt man einen guten Einblick in das Amerika kurz vor und nach 1930.
Mich hat dieses Buch gut unterhalten. Vor allem die Lebensfreude der jungen Sallie hat mir sehr gefallen. Sie zeigte sich als Frau, die sich nicht so schnell unterkriegen lässt, sondern immer wieder eine Möglichkeit zum Weitermachen findet.