Dramatisches Familienschicksal
Der Klappentext und die Leseprobe hatten mich sehr neugierig gemacht, und mir wurde hier von Chris Whitaker durchaus spannende Leseunterhaltung geboten. Zwar hat mich das Cover in seiner Farbwahl nicht unbedingt 100%ig angesprochen, doch passt es tatsächlich sehr gut zur Geschichte, die den Leser mit nach Cape Haven, einen beschaulichen Ort in Kalifornien nimmt. Wir lernen das Mädchen Duchess kennen, das sich eigentlich mitten in der Pubertät befindet, doch für altersadäquate Themen und Beschäftigungen bleiben ihr leider keine Zeit! Sie wirkt für ihr Alter ungeheuer erwachsen, denn hat sie schon früh die Mutterrolle bei ihrem jüngeren Bruder Robin übernehmen müssen. Star, die Mutter der beiden, ist alkoholabhängig und extem depressiv und dämmert größtenteils im Bett vor sich hin. Duchess ist nach außen hin rotzig und ruppig und lässt sich nicht die Butter vom Brot nehmen, doch hat sie einen weichen Kern und ein liebevolles Wesen, sonst könnte sie sich nicht so aufopfernd um ihren Bruder kümmern, dessen Bedürfnisse sie exakt kennt und alles für ihn tut. Fast nie ist genug zu essen da für die beiden Kinder, Duchess spart sich selbst alles vom Munde ab, damit ihr kleiner Bruder zumindest annähernd ausreichend satt wird. Der Autor schildert uns seine Protagonisten unglaublich intensiv, ich konnte mit dem jungen Mädchen mitleiden und ihre Handlungen sehr sehr gut nachvollziehen. Star, die Mutter der beiden, scheint an einem Ereignis, das 30 Jahre zurück liegt, verzweifelt zu sein, ihre Schwester kam als Kind ums Leben, der Mörder kommt am Anfang unserer Geschichte aus dem Gefängnis frei, wirkt aber auf den Leser nicht wirklich gewalttätig. Der Constable des Ortes, namens Walker, die gute Seele der Gemeinde, kümmert sich sowohl um Duchess und ihre Familie als auch um Vincent, den vermeintlichen freigelassenen Mörder. Der Hüter des Gesetzes scheint hier alles ein wenig zusammen zu halten und ist einer der weiteren zentralen Charaktere. Chris Whitaker erzählt sehr atmosphärisch in einem fast poetischen Schreibstil, und auch wenn es einige Längen gibt, schreibt er flüssig und sehr angenehm. Ich fühlte mich an die Stimmung bei "Herr der Gezeiten" von Pat Conroy erinnert, auch wenn wir uns hier an einem gänzlich anderen Ort der USA befinden. Von mir vier Sterne und eine Leseempfehlung!