Gut oder Böse?

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katercarlo Avatar

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„Wir beginnen am Ende“ – dieser Satz fällt mehrmals im Buch und die englische Übersetzung davon ist der Titel der Originalausgabe. Der Satz passt. Die Geschichte beginnt am Ende und arbeitet sich immer weiter zur Quelle der Geschehnisse vor. „Was ist gewesen?“, ist die entscheidende Frage, deren Antwort ich erst ganz am Ende fand.
Doch ich mache es nicht, wie das Buch: ich beginne am Anfang. Was mich in erster Linie neugierig machte auf die Geschichte, waren die Personenkonstellationen.
Das Buch hat zwei Protagonisten. Zum einen Walk, Polizist in einer Stadt ohne Verbrechen. Er hilft allen und macht immer das Richtige. Er ist gutmütig und deswegen passt es auch zu ihm, dass er über dreißig Jahre lang an der Freundschaft zu Vincent King festhält, einem zweifachen Mörder. Dieser hat ein kleines Mädchen getötet, Sissy Radley, Schwester von Star und Tante von Duchess. Duchess ist die zweite Portagonistin des Buches. Sie hat ihre ermordete Tante nie kennengelernt, doch deren Tod bestimmt ihr Leben. Ihre Mutter flüchtet sich in Drogen und Alkohol und der Großvater hat sie verlassen. Es ist an Duchess sich um ihren kleinen Bruder zu kümmern und dafür zu sorgen, dass das Leben weitergeht.
Sowohl Walk, als auch Duchess leben ihr Leben mit angezogener Handbremse, wünschen sich bessere Zeiten und bemitleiden sich für ihr Pech. Sie dachten sie hätten ihren Tiefpunkt erreicht, doch dann wird Vincent King aus dem Gefängnis entlassen und alles wird noch schlimmer. Walk kämpft gegen Windmühlen, um zu beweisen, dass sein bester Freund ein guter Mensch ist, während dieser selbst nicht daran glaubt. Und Duchess muss einen Schicksalsschlag nach dem anderen einstecken und darüber nicht vergessen was gut und was böse ist.
In dem Buch geht es viel um gut und böse. Es fragt, ob manche Menschen von sich aus schlecht sind oder ob sie das Leben dazu gemacht hat? Es hinterfragt, welche Taten einen zu einem guten Menschen machen und welche zu einem schlechten. Es stellt mich als Leser vor die Entscheidung, ob ich einen Menschen für gut oder für böse halte.
Damit ist das Buch tiefsinnig und philosophisch, aber es verstrickt sich nicht in verkopften Gedankenmodellen. Diese Überlegungen fließen nebenbei ein in eine Geschichte, die zu einer Hälfte Krimi und zur anderen Coming-of-Age-Erzählung ist. Beides wird geschickt miteinander verstrickt und so gelungen und unterhaltsam erzählt, dass mir nie langweilig wird, ich immer wieder überrascht werde und beständig wissen will, wie es weitergeht. Am Ende klärt sich dann alles. Die Geschichte geht zurück bis zum Anfang und zieht für mich am Ende die Beziehungen zwischen diesen ganz unterschiedlichen, guten oder auch bösen Menschen, bis alles einen Sinn ergibt.
Die Lektüre hat sich damit für mich gelohnt, sie kreiert ihre eigen Welt, hinterfragt diese und stellt sie auf dem Kopf. Für mich definitiv ein lesenswertes Buch.