Das Erzählte dient als Schablone für eine Reise durch Georgien - zu viel Distanz, zu wenig Mitfiebern
"Märchen muss man bis zum Ende lesen, Saba", sagt sie sanft. "Dies ist nicht das Ende."
In den Wirren des georgischen Bürgerkriegs musste Saba mit seinem Bruder Sandro und Vater Irakli aus Tbilissi fliehen. Seine Mutter Eka blieb im verheerten Georgien zurück und schaffte es nie zu ihnen nach England. Erst Jahre nach der Flucht macht sich Irakli auf den Weg zurück in sein Heimatland - und muss Hals über Kopf verschwinden. Als dann Sandro hinterherreist und bei der Suche nach Irakli ebenfalls untertaucht, macht sich auch Saba, der Jüngste der Familie, auf in das fast vergessene Land seiner Familie. Er hofft, dort Vater und Bruder zu finden, und entdeckt doch so viel mehr - Geschichte, Konflikte und auch seine eigenen Wurzeln.
Ich geb's ja zu: Ich bin einfach ein unverbesserlicher Georgien-Fan. Ich hab das Cover mit der Tifliser Altstadt gesehen und die magisch-realistisch anmutende Leseprobe gelesen und war sofort begeistert - muss ich lesen! Aber der Zauber ließ schnell nach, ohne dass ich sagen könnte, ich hätte ein schlechtes Buch gelesen. Vardiashvili hat einen leichtfüßigen, eingängigen Schreibstil, bei dem man einfach am Ball bleiben kann - aber die Distanz, die er dabei zu seinem Protagonisten Saba hält, obwohl aus der Ich-Perspektive erzählt wird, hat mich abgeschreckt. Saba, und auch Sandro und Irakli, haben keine Tiefe. Sie sind georgische Flüchtlinge mit einer tragischen georgischen Fluchtgeschichte - das scheint es gewesen zu sein. Bis auf frühe Kindheitserinnerungen erfährt man wenig bis gar nichts über ihr Leben in England, kaum ein Gefühl oder Gedanke dringt aus den Seiten zur Leserin durch.
Die alles verbindende Schnitzeljagd, die Irakli und dann Sandro starten, wird auch recht schnell mager. Man hetzt mit Saba und seinem neuen Kumpanen Nodar durch die Straßen von Tiflis, während die ausgebüxten Zootiere unterwegs sind; das war für mich als "Ortskundige" auch wirklich schön - aber von Rätseln kann kaum die Rede sein. Es gibt eigentlich keinen Spannungsbogen, Saba löst jede Aufgabe mit nur wenig Nachdenken und geht wie an der Schnur durch diese Geschichte, die Bruder und Vater ihm vorgegeben haben. Auch, als er dann ohne ihre Hilfe seinen Weg gehen muss, ist dieser quasi vorgezeichnet: Es gibt nur eine Richtung, in die man überhaupt gehen kann.
Die Menschen, die Saba begegnen, umfassen alle Schattierungen männlicher Georgier. Frauen kommen nur am Rande vor, als hilfreiche, leicht kaputte Nebendarstellerinnen wie Nodars Ehefrau Keto, oder als Geisterstimmen in Sabas Kopf, z.B. seine Mutter Eka, seine Oma Lena, seine Kindheitsfreundin Nino. Diese Stimmen begleiten ihn vor allem bei seiner Suche in Tbilissi - auf dem weiteren Weg verschwinden sie plötzlich, um dann gegen Ende des Romans wieder Deus-ex-Machina-mäßig aufzutauchen. Auch hier also kein roter Faden, nichts, was das Buch aufpeppt oder besonders macht.
Im Nachhinein stelle ich auch fest, dass wirklich viel passiert ist in dieser Geschichte. Es gab etliche Wendepunkte, unerwartete Enthüllungen, spannungsreiche Szenarien - und nichts davon ist in irgendeiner Form zu mir durchgedrungen. Alles wurde im gleichen monotonen Tonfall erzählt, alles blieb auf gleicher Distanz - das Traurige, das Schöne, das Verrückte. Das war kein Roman zum Mitfühlen oder gar Mitfiebern - das war wie eine Geschichte, die dazu herhalten musste, Georgiens Landschaft, seine Menschen und v.a. seine Konflikte einmal abzubilden, für Leser*innen, die mit dem Land bisher noch keinerlei Berührung hatten. Das ist leider nicht der Anspruch, den ich an einen Roman habe - und doch kann ich nicht sagen, ich hätte ihn ungern gelesen. Es war schön, mit Saba durch Tiflis, Georgien und sogar Ossetien zu reisen. Es war spannend, manche Alltagsrealität der Menschen vor Ort nochmal zu durchdenken. Nur als Geschichte hat es für mich nicht funktioniert.
In den Wirren des georgischen Bürgerkriegs musste Saba mit seinem Bruder Sandro und Vater Irakli aus Tbilissi fliehen. Seine Mutter Eka blieb im verheerten Georgien zurück und schaffte es nie zu ihnen nach England. Erst Jahre nach der Flucht macht sich Irakli auf den Weg zurück in sein Heimatland - und muss Hals über Kopf verschwinden. Als dann Sandro hinterherreist und bei der Suche nach Irakli ebenfalls untertaucht, macht sich auch Saba, der Jüngste der Familie, auf in das fast vergessene Land seiner Familie. Er hofft, dort Vater und Bruder zu finden, und entdeckt doch so viel mehr - Geschichte, Konflikte und auch seine eigenen Wurzeln.
Ich geb's ja zu: Ich bin einfach ein unverbesserlicher Georgien-Fan. Ich hab das Cover mit der Tifliser Altstadt gesehen und die magisch-realistisch anmutende Leseprobe gelesen und war sofort begeistert - muss ich lesen! Aber der Zauber ließ schnell nach, ohne dass ich sagen könnte, ich hätte ein schlechtes Buch gelesen. Vardiashvili hat einen leichtfüßigen, eingängigen Schreibstil, bei dem man einfach am Ball bleiben kann - aber die Distanz, die er dabei zu seinem Protagonisten Saba hält, obwohl aus der Ich-Perspektive erzählt wird, hat mich abgeschreckt. Saba, und auch Sandro und Irakli, haben keine Tiefe. Sie sind georgische Flüchtlinge mit einer tragischen georgischen Fluchtgeschichte - das scheint es gewesen zu sein. Bis auf frühe Kindheitserinnerungen erfährt man wenig bis gar nichts über ihr Leben in England, kaum ein Gefühl oder Gedanke dringt aus den Seiten zur Leserin durch.
Die alles verbindende Schnitzeljagd, die Irakli und dann Sandro starten, wird auch recht schnell mager. Man hetzt mit Saba und seinem neuen Kumpanen Nodar durch die Straßen von Tiflis, während die ausgebüxten Zootiere unterwegs sind; das war für mich als "Ortskundige" auch wirklich schön - aber von Rätseln kann kaum die Rede sein. Es gibt eigentlich keinen Spannungsbogen, Saba löst jede Aufgabe mit nur wenig Nachdenken und geht wie an der Schnur durch diese Geschichte, die Bruder und Vater ihm vorgegeben haben. Auch, als er dann ohne ihre Hilfe seinen Weg gehen muss, ist dieser quasi vorgezeichnet: Es gibt nur eine Richtung, in die man überhaupt gehen kann.
Die Menschen, die Saba begegnen, umfassen alle Schattierungen männlicher Georgier. Frauen kommen nur am Rande vor, als hilfreiche, leicht kaputte Nebendarstellerinnen wie Nodars Ehefrau Keto, oder als Geisterstimmen in Sabas Kopf, z.B. seine Mutter Eka, seine Oma Lena, seine Kindheitsfreundin Nino. Diese Stimmen begleiten ihn vor allem bei seiner Suche in Tbilissi - auf dem weiteren Weg verschwinden sie plötzlich, um dann gegen Ende des Romans wieder Deus-ex-Machina-mäßig aufzutauchen. Auch hier also kein roter Faden, nichts, was das Buch aufpeppt oder besonders macht.
Im Nachhinein stelle ich auch fest, dass wirklich viel passiert ist in dieser Geschichte. Es gab etliche Wendepunkte, unerwartete Enthüllungen, spannungsreiche Szenarien - und nichts davon ist in irgendeiner Form zu mir durchgedrungen. Alles wurde im gleichen monotonen Tonfall erzählt, alles blieb auf gleicher Distanz - das Traurige, das Schöne, das Verrückte. Das war kein Roman zum Mitfühlen oder gar Mitfiebern - das war wie eine Geschichte, die dazu herhalten musste, Georgiens Landschaft, seine Menschen und v.a. seine Konflikte einmal abzubilden, für Leser*innen, die mit dem Land bisher noch keinerlei Berührung hatten. Das ist leider nicht der Anspruch, den ich an einen Roman habe - und doch kann ich nicht sagen, ich hätte ihn ungern gelesen. Es war schön, mit Saba durch Tiflis, Georgien und sogar Ossetien zu reisen. Es war spannend, manche Alltagsrealität der Menschen vor Ort nochmal zu durchdenken. Nur als Geschichte hat es für mich nicht funktioniert.