Den Weg nach Hause finden

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ellus Avatar

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"Es heißt, man kann nie wieder nach Hause zurückkehren. Aber was, wenn doch? Was, wenn man es sollte? Was, wenn man immer wieder an dem Ort landet, den man nicht verlassen wollte, egal, was man tut?"

Protagonist Saba folgt einer Spur aus Brotkrumen und Erinnerungen in seine Heimatstadt Tbilissi, die er damals als Kind verlassen hat, und mit ihm erlebt man die georgisch-ossetische Geschichte aus der Sicht der Weggegangenen und der Zurückkehrenden, mit dem "Bedürfnis nach Abschließen-Können".
Saba begegnet eigenwilligen Charakteren, die mit ihren Erfahrungen zwischen persönlichem und kollektivem Trauma, postsowjetischem Sich-Durchschlagen, Gastfreundschaft und Freundschaft einen faszinierenden Hintergrund bilden.
Der Bruder, der Vater und die Mutter, die alle vor allem durch ihre Abwesenheit und durch Erinnerungen in Erscheinung treten, weil sie scheinbar alle nach und nach von diesem Land verschluckt werden, wie von einem düsteren Märchenwald, aber ganz real, zeigen ganz konkret, aber auch stellvertretend, die Geschichten von Familien, von Vätern und Brüdern, von Kindern und Eltern, die durch Gewalt, Krieg und Flucht auseinandergerissen wurden.

Beeindruckend fand ich beim Lesen das Gefühl der kalten Realität der Geschichte auf der einen Seite, die aber auf der anderen Seite unwirklich, weichgezeichnet und nicht ganz klar umrissen, wie in Traum oder Erinnerung, wahrgenommen wird. Auch inhaltlich, während die Handlung dunkler und bedrückender wird, erlebt man, wie die Figuren auf ihre Weise Frieden und Versöhnung finden, auch wenn dies Loslassen und Verluste bedeutet - denn Märchen müssen immer bis zu ihrem Ende erzählt werden, auch wenn man nicht weiß, ob einen dieses Ende wieder nach Hause führt.