Verloren und Gefunden: Eine Suche nach Familie und Identität in Georgien

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"Vor einem großen Walde" von Leo Vardiashvili ist ein beeindruckender Roman, der tief in die bewegte Geschichte Georgiens eintaucht. Der Autor Leo Vardiashvili, in Tbilissi aufgewachsen und mit zwölf Jahren nach England emigriert, hat in London Literatur studiert und arbeitet heute als Steuerberater in Birmingham. Mit diesem Werk zeigt er nicht nur seine literarische Begabung, sondern auch seine tiefe Verbundenheit zu seinem Herkunftsland.

Die Geschichte spielt im Jahr 2015 und handelt von Saba, der nach Georgien reist, um seine verschwundene Familie zu finden. Nachdem sein Vater und älterer Bruder auf der Suche nach seiner Mutter spurlos verschwunden sind, macht sich Saba auf eine gefährliche Reise in ein ihm unbekanntes Land. Begleitet von den Stimmen seiner georgischen Familie und Hinweisen seines Bruders, führt ihn seine Suche nach Südossetien und durch einen großen Wald – eine Grenze zwischen Ländern, Wahn und Wirklichkeit, Leben und Tod. Der Roman schildert eindrucksvoll Sabas Kampf um Hoffnung und Menschlichkeit inmitten von Gewalt, Korruption und Trauma.

Das Cover ist wunderschön, bunt und geheimnisvoll, was mich sofort angesprochen hat. Mit rund 450 Seiten ist das Buch recht umfangreich, was jedoch nicht abschrecken sollte. Obwohl ich mich bisher wenig mit der Geschichte Georgiens beschäftigt habe, hat mich dieses Buch dazu angeregt, mehr darüber zu lernen. Die Geschichte rund um Saba hat mich unerwartet getroffen und tief berührt. Besonders gelungen ist die Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart, wobei Sabas Erinnerungen an das einst gekannte, nun fremde Land mit seiner Realität verschwimmen.

Der Roman thematisiert Gewalt, Korruption, Zerrissenheit, Trauma, Bürgerkrieg, Flucht, Tod und Verlust, aber auch Hoffnung und Menschlichkeit. Die Buchbeschreibung erinnerte mich an eine Schnitzeljagd im Familiengeschichte-Stil, was sich als treffend erwies. Der Schreibstil ist sehr bildhaft und das Buch lässt sich flüssig lesen. Trotz des ernsten Themas gelingt es Vardiashvili, die Geschichte auf eine humorvolle Weise zu erzählen. Durch das Buch erfährt man auch einiges über die Kultur Georgiens, von der ich mir noch mehr gewünscht hätte. Insgesamt fand ich das Buch gleichzeitig traurig, interessant, spannend und es hat mich nachdenklich gemacht.

Im Fazit gebe ich "Vor einem großen Walde" 4 von 5 Sternen. Es ist ein kraftvolles Leseerlebnis, das mich bewegt und inspiriert hat, mehr über die georgische Geschichte und Kultur zu erfahren. Ich kann es nur jedem und jeder empfehlen!