Sieh Dich vor!

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lemmi Avatar

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Geschichten über Menschen in Verbindung mit mysteriösen Ereignissen sind ganz mein Ding. Genau diese beiden Aspekte kommen in dem vielschichtigen Roman „Vorsehung“, geschrieben von Liane Moriarty und übersetzt von Alice Jakubeit, hervorragend zur Geltung.

Ein harmloser Kurzflug nach Sydney, mit ganz normalen Fluggästen, ist der Ausgangspunkt. Genervt durch eine erhebliche Verspätung, verbringen diese mehr oder minder entspannt den anschließenden Flug - bis eine ältere grauhaarige Dame aufsteht und jedem ungefragt seine Todesart und –alter prophezeit. Einem jungen Mann sagt sie beispielsweise: „Ich erwarte einen tätlichen Angriff. Dreißig Jahre“. Was fängt man mit solch einer Information an? Als völliger Humbug abtun oder daran glauben? Gerade die Personen mit baldigen Todesankündigungen beginnen ihr Leben mit ganz anderen Augen zu sehen. Dann tritt der erste vorhergesagte Todesfall ein…

In über 125, mal kurzen, dann wieder längeren, Kapiteln verfolgt man das Leben der Fluggäste, Flugbegleiter und sogar der weissagenden Dame. Der Schreibstil ist sowohl leichtgängig als auch intensiv. Es fiel mir leicht, mich in die vielen Menschen hineinzuversetzen und sie bei ihren Bewältigungsstrategien zu begleiten. Durch die wechselnden Akteure liest sich der Roman aufgelockert und selbst die gelegentlichen Ausflüge ins Mathematische empfand ich als Bereicherung. Vieles im Leben basiert auf Zufällen –oder ist alles schon vorherbestimmt? Man weiß es nicht.

Schätzt man das Leben umso mehr, wenn man weiß, wann und wie man sterben wird? Gibt man sich geschlagen oder genießt die verbleibende Zeit? Versucht man gar durch resolutes Ändern des Lebensstils das Ruder herumzureißen? Auf solche Fragen trifft man in diesem Buch und es bleibt bis zum - nicht vorhersehbaren - Ende spannend, der Wortwitz sei hier erlaubt.

Dies ist kein Thriller, sondern eine interessante und in sich stimmige Geschichte über Menschen, die in einem Flugzeug etwas erfahren, auf das sie anfangs liebend gerne verzichten würden.
Mich hat der Roman „Vorsehung“ jedenfalls bestens unterhalten, manchmal zum Lächeln und oft zum Nachdenken gebracht.