Bedenke, dass du sterblich bist

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la calavera catrina Avatar

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Eine Dame, die niemand kennt, benimmt sich an Bord eines Flugzeugs rätselhaft und wirkt, als wäre sie hypnotisiert. Sie geht durch die Reihen und sagt den Mitreisenden ungefragt, in welchem Alter sie sterben und durch welche Todesursache. Alle der sechs Passagiere, die im Roman näher betrachtete werden, wird kein langes Leben vorhergesagt. Sie sollen alle in den nächsten Jahren an Krankheiten, Unfällen oder einem Gewaltverbrechen sterben. Eine erschütternde Erfahrung, mit dem jeder von ihnen anderes umgeht. Manchen glauben an Schicksal, manche nicht - trotzdem beeinflusst es jeden von ihnen. Ob eine Pflegekraft, die ihre Pensionierung nicht mehr erleben soll, oder eine Mutter, die ihren Sohn durch einen Unfall verlieren könnte. In der beengten Flugzeugkabine kann man den prophezeiten Lebenserwartungen der Totendame, wie sie später genannt wird, nicht entkommen. Das macht sich beim Lesen durch detaillierte Beschreibungen bemerkbar, aber das Durchhalten lohnt sich, denn dann hatte es mich gepackt und ich konnte der Sogkraft nicht mehr entkommen. Anfangs noch ahnungslos ließ ich mich von der Handlung mitreißen.

Da ist auf einer Seite die Ich-Erzählerin Cherry, die sich kapitelweise mit den sechs Passagieren abwechselt. Ihr geheimnisvoller Plauderton wird immer auskunftsfreudiger. Mit zunehmendem Lesefortschritt, empfand ich ihre Lebensgeschichte nachvollziehbar ergreifend und konnte über ihren trockenen Humor schmunzeln. Durch sie, erfährt man auch einiges über das Leben in Australien. Wie für die Menschen, deren Tod vorhergesagt wurde, der Alltag weitergeht, und was dann eintritt, habe ich mit Neugier verfolgt. Ich habe mit allen Figuren mitgefiebert, und gehofft, dass es gut für sie ausgeht. Dabei kommen immer mehr Fragen und Spekulationen auf, nachdem eingetroffene Vorhersagen beunruhigen. Dabei stellt man sich unweigerlich existenzielle Fragen über das Schicksal, die eigene Sterblichkeit und wie man selbst reagieren würde. Ist es Humbug oder Fügung? Wie die Autorin Liane Moriarty Verknüpfungen herstellt, hat mir gut gefallen. Sie hat eine sympathische Hauptfigur geschaffen, die der Situation kritisch gegenübersteht, sich aber direkt im Zentrum der Frage befindet. Ganz verschiedene Lebensrealitäten zeigen, wie belastend so eine Prophezeiungen für die Menschen und ihre Angehörigen sein kann.

Es ist ein Roman über Liebe und die Abenteuer des Lebens, voller Emotionen, Tragik, einer guten Prise Humor, Spannung und Faszination. Es ist kein Roman für nebenbei und wer aufmerksam liest, wird feststellen, dass keine Fragen offen bleiben. Das Ende hat mir gut gefallen und nicht nur die Botschaft dahinter, wird mir in Erinnerung bleiben. Ich mag es, wenn ich noch länger nach dem Lesen über das Thema nachdenke und Cherry werde ich nicht so schnell vergessen. Eine wunderbare Unterhaltung für Herz und Verstand.