Ensembledrama, Thriller, Biografie - alles in einem

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karschtl Avatar

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Auf dem Buchumschlag steht ganz groß die Frage: Was würdest du tun, wenn du wüsstest, wann und wie du sterben wirst?

Meine erste Reaktion, als im Buch die "Todesdame" im Flieger von Reihe zu Reihe geht und ihre Prophezeiungen den Passagieren mitteilt war: oh bitte nicht, bitte sag es nicht, ich würde das nicht wissen wollen.
Andererseits: was ist, wenn das 'Schicksal' vielleicht nicht in Stein gemeißelt ist, sondern man dadurch die Chance erhält, noch etwas zu ändern oder zu beeinflussen?

Und das ist eben auch genau die Frage, die sich der Leser/Leserin im Verlauf der Lektüre stellt, klarerweise ganz besonders bei den Personen, denen ein recht baldiger Tod vorausgesagt wurde. Diese begleiten wir in den Monaten nach dem Flug, in unregelmäßigen Abständen und durchaus auch in unterschiedlich hoher Intensität. Dadurch lernt man einige Personen natürlich auch etwas besser kennen, aber ich muss sagen dass ich wirklich mit jedem "mitgefiebert" habe und hoffte, dass die Prophezeiung nicht wahr wird. Oder wird sie sich erst recht dadurch erfüllen, dass man eben um seine Lebenserwartung und Todesursache nun weiß und dieses um jeden Preis vermeiden möchte?

Am häufigsten aber sind die Kapitel über die "Todesdame" selbst, die mir tatsächlich anfangs am wenigsten interessant erschien. Wo ich viel lieber weiter über Passagier X oder Y gelesen hätte, kam immer wieder ein Kapitel über Cherry, die hier praktisch ihre gesamte Lebensgeschichte erzählt. Und mit der Zeit ist sie mir dann doch auch ans Herz gewachsen und ich fand sie ebenso interessant wie die restlichen Figuren.

Dass Liane Moriarty großartige Romane mit außergewöhnlichen Themen und einem hervorragend gezeichneten Figurenensemble schreiben kann, weiß ich schon länger. Vor knapp 20 Jahren hat mich ihr Roman "Drei Wünsche frei" bereits begeistert, später kamen noch "Truly Madly Guilty", "Big Little Lies" und "Nine Perfect Strangers" hinzu. Die "Vorsehung" reiht sich hier perfekt ein, das Buch ist genauso spannend wie ein Thriller, es ist gleichzeitig aber auch die Lebensgeschichte der eigentlich recht unscheinbaren aber dann doch wieder sehr bemerkenswerten Cherry sowie ein Zeugnis dessen, wie Menschen auf eine derartig erschütternde Vorhersage reagieren.