Kein Thriller, trotzdem absolut mitreißend

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carma1607 Avatar

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Kennst du diese Tage, an denen einfach alles schiefgeht? So einen Tag erlebt Leo heute. Wie auf heißen Kohlen sitzt der junge Familienvater im Flieger von Hobart nach Sydney. Eine ungute Vorahnung hatte ihn dazu gebracht, zu seiner Mutter zu reisen, um sie zu einem Arzttermin zu begleiten. Der verspätete Rückflug wird garantiert dazu führen, dass er nun die Schulaufführung seiner Tochter verpasst. Schon wieder ein versäumter Familientermin, schon wieder ein gebrochenes Versprechen. Seine Schuldgefühle quälen ihn, bis plötzlich eine fremde „Todesdame“ im Flieger auf ihn zukommt und ihm prophezeit, dass er schon bald sterben wird.

Liane Moriarty spricht mit ihrem neuen Roman "Vorsehung" die großen Fragen des Lebens an: Was würdest du tun, wenn dir eine Todesdame deine Lebenserwartung und Todesursache mitteilt? Wärst du bereit, dich dieser Vorsehung zu fügen? Ist das Unausweichliche noch vermeidbar? Oder führt vielleicht gerade das Wissen über die Zukunft dazu, dass sich diese Vision selbst erfüllt?

Das Buch ist voller Referenzen auf Themen wie Schicksal und Zufall, Wahrscheinlichkeit und Determinismus. Bereits das Cover weist eine grafische Gestaltung des Schmetterlingseffekts auf - die Theorie, wonach ein winziges Ereignis irgendwo auf der Welt unvorhersehbar große Auswirkungen haben könnte. Der Einstieg in die Geschichte lässt an Murphys Gesetz denken - die Annahme, dass alles, was schiefgehen kann, auch mit Sicherheit schiefgehen wird. Und nicht zuletzt ist die „Todesdame“ eigentlich Versicherungsmathematikerin, also hauptberuflich mit der statischen Wahrscheinlichkeit von Lebenserwartung und Risiken beschäftigt. Diese zahlreichen Referenzen regen zum Nachdenken und Diskutieren an.

Besonders gut gefallen hat mir, dass es sich nicht um einen klassischen Thriller handelt. Natürlich gibt es immer wieder spannende Höhepunkte und Wendungen. Aber eigentlich lebt die Geschichte vor allem von der ausführlichen Beschreibung der verschiedenen Charaktere, in deren Leben wir für kurze Zeit tief eintauchen können. Wie in Moriartys anderen Büchern sind die Figuren so lebendig beschrieben, dass man sich ihnen richtig nahe fühlt und mitgerissen wird von ihrer „Vorsehung“. Es würde mich nicht überraschen, wenn auch dieses Buch als Serie verfilmt wird.