Wahnsinnsatmosphäre

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Ich bin sonst kein Fan davon, wenn Ermittlern in Krimis standardmäßig ein problematisches Liebesleben angehängt wird, nur damit sie irgendwie interessant werden, aber in diesem Fall scheint Valerias Vergangenheit mit Elias direkt mit dem Fall verbunden zu sein und ich muss zugeben, dass ich von Anfang an mitgefühlt habe - sowohl was die Spannung und Noras Schicksal betrifft als auch in Bezug auf das, was sich zwischen Valeria und Elias möglicherweise entwickeln wird.

Der Fall selbst trifft genau meinen Geschmack: Das raue Klima der Berge, Ritualmord (wenn auch nur an einem Hirsch - vorerst). Das Ganze ist so mystisch und stimmungsvoll beschrieben, dass ich trotz des Augustwetters hier schon den Herbst riechen kann! Ich liebe die urtümliche Mythologie des Alpenraums und erhoffe mir sehr, dass davon etwas in diesem Buch verarbeitet wird.

Ein wenig unglaubwürdig finde ich, dass sich in der Figur Valerias so viele unwahrscheinliche Schicksalsschläge vereinen. Offenbar wurde sie als Kind beinahe Opfer eines Ritualmörders und später erfährt man, dass ihr Bruder von der ’Ndrangheta ermordet wurde. Dazu Schicksalsschläge bei Elias wie auch bei seinem Bruder. Irgendwie sehr viel Leid auf einem Haufen, was es alles in allem etwas unglaubwürdig wirken lässt, allerdings bisher mehr eine kleine Irritation, nichts, was mir tatsächlich das Buch vermiesen könnte.

Ein bisschen habe ich mich noch an dem Satz "Wir haben mit Sondereinheit 11 von Interpol eine grenzübergreifende Zusammenarbeit geschaffen, um diesen neuen Bedrohungen wenigstens einigermaßen Herr zu werden." (S. 15) Der Ausdruck lautet "einer Sache Herr werden", wird also mit Genitiv gebildet. Der Sprachwandel von Genitiv zu Dativ in der allgemeinen Bevölkerung ist zwar nicht mehr aufzuhalten, von einem Verlag, der sich eben professionell mit Sprache beschäftigt, erwarte ich aber, dass solche Fehler nicht auftreten. Das hinterlässt einen sehr schlechten Eindruck und den hat das Buch insgesamt nicht verdient. "Waldeskälte" scheint für mich nämlich bisher der vielversprechendste Krimi für dieses Jahr zu sein.